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Hessens Adel : Zu Gast in gräflichen Gärten und Salons

Unterwegs mit gutem Tropfen: Astrid von Luxburg im Hessischen Hof Bild: Ricardo Wiesinger

Blaublütige Touren in Frankfurt: Astrid und Rüdiger von Luxburg führen ihre Kunden in die prachtvolle Welt der hessischen Aristokratie ein.

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          Die lange Tafel ist mit weißem Damast und silbernen Platztellern, passendem Besteck und Gläsern für ein mehrgängiges Menü gedeckt. Die Gäste werden gebeten, Platz zu nehmen. Doch auch wenn diejenige, die sie dazu auffordert, in ihrem zartrosa Etuikleid mit dezentem Schmuck so wirkt, als könne sie die Gastgeberin für ein elegantes Mittagessen im Empire-Salon des Hotels Hessischer Hof sein, verlässt sie mit ihren Gästen den Raum nach einer kurzen Begrüßung gleich wieder. Die Tafel ist für andere gedeckt. Die Gäste sind nicht zum Essen ins Grandhotel gekommen, sondern um bei einer der Führungen, die Astrid und Rüdiger Graf von Luxburg regelmäßig im Auftrag der Stiftung der Landgrafen von Hessen anbieten, mehr über das elegante Haus an der Messe zu erfahren. Viele Kunstgegenstände aus dem fürstlichen Familienbesitz gibt es dort zu entdecken.

          Patricia Andreae
          Redakteurin in der Rhein-Main-Zeitung.

          Das Paar teilt die Gruppe. Jeder macht sich mit einem guten Dutzend kunst- und geschichtsinteressierter Besucher auf, um in etwas mehr als einer Stunde die Geschichte und die Schätze des Hauses in den Salons, der Wellnessoase unter dem Dach und der legendären Bar im Keller zu erläutern. Die Teilnehmer der Führung dürfen auch einen Blick in die Präsidentensuite werfen, in der schon diverse Stars gewohnt haben und die mit Eleganz und ihrer enormen Sicherheitstür beeindruckt. Ein schier unerschöpflicher Redeschwall reißt das Publikum mit. Wer nicht genau aufpasst, dem wird fast schwindelig ob der vielen Namen und Verwandtschaftsgrade all der hessischen Hoheiten und ihrer Brüder, Schwestern, Onkel, Tanten und anderen Anverwandten am russischen wie am britischen und italienischen Hof.

          So hören die Besucher viel über die Vorfahren von Donatus, dem jetzigen Landgrafen, und seinem Vater Moritz, der zuvor die Hausstiftung geleitet hat. Sie sehen Bilder von Königinnen und Kaisern, erfahren, wie sie mit den Haus Hessen verwandt sind. Es scheint, als seien die Luxburgs mit den Hessen auf Du und Du. Rein fachlich sind sie das allemal, die Kunsthistorikerin und der geschichtsbegeisterte Jurist kennen die Geschichte des hessischen Fürstenhauses vielleicht besser als manch eines des Familienmitglieder. Doch eine Verwandtschaft besteht nicht.

          Versierte Rednerin

          Die versierte Rednerin Astrid von Luxburg, die auch als Dozentin an der University of Applied Sciences arbeitet, trägt den Titel erst seit kurzen, fremdelt noch ein wenig damit, sich als Gräfin ansprechen zu lassen. „Am liebsten ist mir die Hamburger Anrede mit Astrid und Sie“, sagt sie. Aufgebaut hat das Paar seine Firma als Astrid und Rüdiger Jacobs. Mit ihrer Agentur für Kultur-Erlebnisse bieten sie seit vielen Jahren Führungen und Exkursionen zu kunsthistorisch interessanten Zielen an.

          „Wir sind beide geschichtsfanatisch“, sagt die gebürtige Frankfurterin, die mit ihrem Mann fünf Jahre alte Zwillingstöchter hat, die Louise und Friederike heißen. Schon während ihres Studiums habe sie viel in Museen gearbeitet, unter anderem im Goethe-Haus und im Museum Giersch, und sich dabei immer überlegt, wie sie die Kultur für mehr Leute interessant machen könnte. „So ist Musecco entstanden“, erzählt sie. Die abendlichen Führungen im kleineren Kreis mit anschließendem Empfang hätten viele angezogen, die sonst vielleicht nicht den Weg ins Museum gefunden hätten. Die Verbindung von Kunst und Kulinarik bieten die Luxburgs inzwischen auch im Kronberger Schlosshotel, in ehemaligen preußischen Offizierserholungsheim Falkenstein Grand Kempinski und im Hessischen Hof an.

          Das Konzept ist erfolgreich und inzwischen um eine Vielzahl von Angeboten erweitert, so dass auch der Ehemann inzwischen nur noch einen Teil seiner Zeit mit der Beratung in seinem Schwerpunktgebiet Stiftungsrecht verbringt. Der als Rüdiger Jacobs geborene Graf von Luxburg studierte Philosophie, Germanistik und Musikwissenschaft sowie Jura und Geschichte in München, Mainz und Frankfurt. Seine Doktorarbeit behandelte Richard Wagners staatstheoretische Schriften. Seine Frau nennt ihn einen „leidenschaftlichen Rechercheur“.

          Das breite Repertoire der Luxburgs

          Das kommt ihm zugute, wenn er die Exkursionen vorbereitet, die das Paar beispielsweise mit dem Neu-Isenburger Verein für Geschichte und Heimatkunde nach Potsdam organisiert. Oder für die Führungen im Hessischen Hof, bei denen Luxburg kenntnisreich die Tapeten mit exotischen Szenerien erläutert oder den Gästen erklärt, dass das Hotel-Restaurant Sèvres seinen Namen von der bedeutenden Sammlung aus ebenjener französischen Porzellanmanufaktur hat.

          Es sind aber nicht nur die Schlösser der Hessen und Preußen, die das Ehepaar seiner Kundschaft näherbringt, auch Führungen über den Frankfurter Universitätscampus, durch die neue Altstadt oder die „Blickachsen“-Ausstellung mit moderner Skulptur im Bad Homburger Schlosspark gehören zum Repertoire der Luxburgs. Den Schwerpunkt aber bilden außer den Grandhotels auf historischen Anwesen Parks und Gärten. So geht es demnächst beispielsweise durch „Reimers Garten“ in Bad Homburg und durch den Park von Schloss Wolfsgarten, der ebenfalls der Hessischen Hausstiftung gehört und nur selten öffentlich zugänglich ist.

          Dass die begeisterten Kulturführer, die aus bürgerlichen Familien stammen, aber in der Geschichte des europäischen Adels so bewandert sind, als wären sie hineingeboren, inzwischen selbst unter gräflichem Wappen firmieren, ist einer Adoption zu verdanken. Ein kinderloser Onkel habe jemanden gesucht, der den Titel weitergebe und sich um sein denkmalgeschütztes Anwesen im Raum Bingen und die damit verbundene Jagd kümmern wolle, erzählt Luxburg. Diese Aufgabe hat das Paar gerne übernommen. „Es geht um Familientradition“, sagt die junge Gräfin, und es ist nicht zu überhören, wie viel ihr die bedeutet.

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