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Wünschelrutengänger-Test : Prüfzeichen für die Goldgräber

Die Drähte haben die Hände geführt, die sie halten, sagen Wünschelrutengänger

Die Drähte haben die Hände geführt, die sie halten, sagen Wünschelrutengänger Bild: F.A.Z. - Foto Wolfgang Eilmes

Es gibt Wünschelrutengänger, und es gibt Wissenschaftler. Zu testen, ob die einen wirklich etwas können, bieten die anderen an. Für den Fall des Erfolgs winken Geld und Ruhm. Bestanden hat noch niemand.

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          Ob hier heute eine Weltsensation stattfindet, hängt auch von der richtigen Position der zehn hellgrünen Handtücher ab. Martin Mahner geht noch einmal die Reihe ab, dieses und jenes verschiebt er um ein paar Millimeter, dann ist er zufrieden. „Der Test kann beginnen.“ Toni Müller steht unterdessen seelenruhig am Ende einer Tischreihe und beobachtet Mahner. Wenn Müller sein Gewicht von einem auf den anderen Fuß verlagert, klimpern die Metalldrähte, die er in den Händen hält. Die Drähte sollen Müller gleich Dinge erkennen lassen, die vor ihm noch niemand erkannt hat. Müller ist Wünschelrutengänger. Einer, der überzeugt ist von seinen Fähigkeiten, und auf sie gern Brief und Siegel hätte: Er ist vom Bodensee in den Seminarraum A 106 im Biozentrum der Würzburger Universität gekommen, um seine Fähigkeiten unter wissenschaftlichen Bedingungen testen zu lassen.

          Mona Jaeger
          Stellvertretende verantwortliche Redakteurin für Nachrichten und Politik Online.

          Für Müller gibt es nicht nur mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als sich uns unsere Schulweisheit träumen lässt, sondern auch noch in der Erde, nämlich Wasseradern. Die hatte er vor einigen Jahren als verantwortlich dafür ausgemacht, dass in seinem Garten die Thujahecke einging. Seitdem ist er mit der Wünschelrute unterwegs. Auch elektrische Spannung will er damit erkennen können, heute will er es beweisen.

          Untersuchung von Parawissenschaften

          Um seine Fähigkeiten testen zu lassen, ist der Wünschelrutengänger zu seinen größten Kritikern gekommen. Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften aus dem hessischen Roßdorf veranstaltet einmal im Jahr einen sogenannten Psi-Test. Zu ihm kann sich jeder anmelden, der glaubt, er habe eine paranormale Fähigkeit. Mahner, eines der Gründungsmitglieder der Gesellschaft, entwickelt dann zusammen mit Rainer Wolf, Biologe und ebenfalls Mitglied, einen Test, der den eindeutigen Beweis für die Fähigkeit liefert - wenn sie denn vorhanden ist.

          Die Warteliste für die Tests ist lang, mehr als vier Kandidaten werden im Jahr aber nicht geprüft. Den Test bestanden hat noch niemand. Wem es gelingt, will die Gesellschaft 10.000 Euro zahlen. Das wird dann wohl nur ein Bruchteil dessen sein, was ihm Fernsehsender, Magazine und die Forschung bezahlen würden. „Wer hierher kommt, wittert auch den Ruhm“, sagt Mahner.

          Toni Müller bestreitet das. Zwar wisse er, was er könne, jedoch sei auch im Esoterikbereich „eine Art Zertifikat“ nicht schlecht, meint er. Der Wünschelrutengänger beantwortet jede Frage gern und mit Ruhe, schließlich brauche er sich nicht vorzubereiten, die Rute sage ihm alles. Die dicken blauen Lüftungsrohre an der Decke des Seminarraums und die Steckdosenverteiler, die aus den Wänden kommen, störten ihn nicht. Die Wünschelrute registriere das zwar alles, werde dadurch aber nicht behindert. Er geht noch einmal vor der Tafel des Seminarraums auf und ab und kalibriert die Rute. Müller lacht viel und ist zuversichtlich, dass der Test „schon gut laufen“ werde.

          Innerer BE-Wert durcheinander

          Danach sagt er, dass das Wünschelrutengehen nur ein Hobby von ihm sei, und dann beginnt er von der Zeit zu erzählen, als er ein großes Reifenwerk für Lkws leitete, mit dem er auch in Amerika erfolgreich war. Die Wünschelruten lässt er dabei locker in der Hand nach unten hängen. Erst als Wolf herüber ruft, dass alles für den Test vorbereitet sei, nimmt er sie wieder hoch und unterbricht das Gespräch. Es beginnt der Test, von dem beide Seiten zu wissen meinen, wie er ausgehen wird.

          Eigentlich hatte vor Müller noch ein anderer Kandidat antreten sollen, der feststellen wollte, ob Eimer mit Wasser gefüllt sind oder nicht. Er rief Mahner am Morgen des Tests aber an und sagte, dass der Teppich im Flur seines Hotels über Nacht schlechte Strahlung abgegeben habe und deswegen sein innerer BE-Wert durcheinander sei. Was ein BE-Wert ist, kann hier niemand erklären.

          Müller hat in einem anderen Hotel übernachtet und kann zum Test antreten. Er will jetzt mit der Wünschelrute feststellen, ob auf einem abgeschnittenen Kabel Spannung ist oder nicht. Welches Kabel vorher in die Steckdose gesteckt wird und somit Spannung bekommt, entscheidet der Zufall. Mahner zieht dazu in einem separaten Raum eine Kugel aus einem schwarzen Plastikmülleimer. Ist sie gerade, kommt der Stecker rein, ist sie ungerade, dann nicht. Nachdem er das fünfmal gemacht hat, geht er in den Biologieraum und präpariert die Stecker. Dabei achtet er genau auf die Position der hellgrünen Handtücher über den Steckdosen, die nur das Kabelende unverdeckt lassen.

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