Hessen : Staatliche Straßenmeisterei günstiger als private
- -Aktualisiert am
Räumfahrzeuge des Betreibers TSI in der Straßenmeisterei Groß-Umstadt. Bild: Cornelia Sick
In einem Modellversuch trat im Oktober die private Straßenmeisterei Groß-Umstadt gegen die zwei staatlichen Meistereien in Friedberg und Hofheim an. Das Ergebnis des Wettbewerbs stand schon nach vier Monaten fest.
In diesem Winter haben die 60 Straßen- und Autobahnmeistereien in Hessen alle Hände voll zu tun, um die Straßen freizuhalten. Doch was treiben ihre Straßenwarten im Sommer, wenn kein Salz zu streuen und kein Schnee zu räumen ist? Machen dann womöglich allzu viele Mitarbeiter allzu lange Pause? Dieser Verdacht hat den früheren hessischen Verkehrsminister Alois Rhiel (CDU) dazu veranlasst, einen Wettbewerb in Gang zu setzen: Privat gegen Staat.
In einem Modellversuch trat im Oktober die nach einer Ausschreibung für drei Jahre an das thüringische Unternehmen TSI vergebene Straßenmeisterei Groß-Umstadt gegen die zwei staatlichen Meistereien in Friedberg und Hofheim an. Der Wettkampf läuft noch bis in den Herbst, doch schon jetzt steht fest, dass die versuchsweise privatisierte Meisterei Groß-Umstadt verloren hat. Die beiden staatlichen Meistereien arbeiten kostengünstiger und besser.
„Der macht es, der es am besten machen kann“
„Das Ergebnis ist eindeutig“, musste auch Rhiels Nachfolger Dieter Posch (FDP) konstatieren. Der Minister, der eigentlich kein Freund von Staatsbetrieben ist, wird deshalb den Modellversuch nicht verlängern, sondern im Herbst regulär auslaufen lassen. Das Land gibt damit seine Überlegungen auf, die Straßenmeistereien zu privatisieren, sie verbleiben beim Hessischen Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen und damit beim Staat.
Es gehe hier nicht um eine Frage der Ideologie, sondern darum, wie man eine Aufgabe am kostengünstigsten, besten und schnellsten erledigen lassen könne, sagte Posch dazu. Es gelte für ihn der Grundsatz: „Der macht es, der es am besten machen kann.“ Wenn Private eine Aufgabe gleich gut oder besser erledigen können als der Staat, sollen sie zum Zug kommen, lautet Poschs Position. Im Falle der Straßenmeistereien hat es die private TSI aber schlechter gemacht als die Behörde. Nach Informationen dieser Zeitung sogar deutlich schlechter. Die Kosten bei der Meisterei Groß-Umstadt sollen 30 bis 40 Prozent höher gelegen haben als bei den beiden staatlichen Referenzmeistereien in Friedberg und Hofheim. Der Minister selbst wollte keine Details nennen.
Höhere Mehrwertsteuer für die privaten
Auch bei der Qualität der Arbeit haben die dem Hessischen Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen unterstellten beiden Einrichtungen offenbar besser abgeschnitten als die versuchsweise von der TSI betriebene Meisterei. Die privatisierte Meisterei in Groß-Umstadt, so heißt es, habe wohl langsamer auf Schäden und Mängel reagiert als ihre staatlichen Konkurrenten. Außerdem habe TSI offenbar wiederholt Arbeitsstellen nicht regelgerecht abgesichert und damit Personen gefährdet. Dies haben jedenfalls die externen Gutachter – das Institut für Straßen- und Eisenbahnwesen der Universität Karlsruhe, das Ingenieurbüro Durth Roos Consult und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers – sowie das Landesamt als Aufsichtsbehörde in ihrem Gutachten festgehalten.
Bei der TSI wollte man zu der Angelegenheit keine Stellungnahme abgeben. Ein Mitglied der Geschäftsführung wies auf Anfrage lediglich darauf hin, dass sein Unternehmen einen gravierenden Nachteil habe, weil es im Gegensatz zur Straßenbehörde 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen müsse. Die TSI betreut in 16 von 17 Landkreisen in Thüringen die Straßen. Sie ist aus einer 1996 gegründeten Landesgesellschaft entstanden, die 2002 privatisiert wurde und dem Baukonzern Strabag sowie dem mittelständischen Bauunternehmen Bickhardt gehört. In Thüringen werden die Straßenmeisterei-Arbeiten in den vier Regionen des Landes alle fünf Jahre neu ausgeschrieben.
Von Unternehmen gelernt
In den Augen von Posch hat sich der Modellversuch für Hessen gelohnt. Der Wettbewerb habe die staatlichen Meistereien angespornt. Generell sei die Straßenverwaltung in den vergangenen Jahren besser geworden, wenngleich es immer noch Reserven gebe. Dank des Modellversuchs wisse man jetzt genauer, wie man die staatlichen Meistereien optimieren und welche Leistungen man sinnvollerweise Dritten anvertrauen könne. Ferner habe man nun einen Maßstab dafür, wie hoch der Mindestbedarf einer Straßenmeisterei sei.
Wie Fachleute berichten, hat man bei der Straßenverwaltung aus dem Versuch zum Beispiel gelernt, dass man den Fuhrpark umgestalten und in Zukunft mehr auf kleinere, wendigere Fahrzeuge setzen muss. Außerdem wolle man wie die TSI jetzt den Winterdienst automatisch über das Satellitennavigationssystem GPS erfassen, um etwa Doppelstreuungen von Salz zu vermeiden.