Nach Entlassung des Chefs : Verfassungsschutz soll rascher auf Salafisten reagieren
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Salafisten in Frankfurt: hier auf der Zeil bei der „Lies!“-Kampagne, wobei sie kostenlos Korane verteilen. Bild: Frank Röth
Knall auf Fall tauscht Minister Beuth den Chef des Verfassungsschutzes aus: In den vergangenen Jahren gab es mehrere Pannen. Der Dienst soll nun weniger analysieren, sondern Feinden schneller auf der Spur sein.
Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) erwartet vom Verfassungsschutz unter neuer Führung ein energischeres Vorgehen gegen salafistische Umtriebe. „Wir haben aktuelle Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen“, sagte Beuth am Dienstag in Wiesbaden. Am Vorabend hatte das Kabinett überraschend den Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz, Roland Desch, durch den Wiesbadener Polizeipräsidenten Robert Schäfer ersetzt.
Beuth ließ Unzufriedenheit mit dem Verfassungsschutz durchklingen. Das Amt habe in der Vergangenheit Entwicklungen langfristig beobachtet und analysiert, sagte er. Das Problem mit Islamismus und Salafismus sei aber, „dass wir dort sehr flexible, nicht verfestigte Strukturen haben, auf die wir sehr schnell auch reagieren müssen“. Schäfer solle die Sicherheitsbehörde „stärker operativ ausrichten“.
Beuth soll Personalie erklären
Nach seinen Angaben wurde Desch (61) mit der Kabinettsentscheidung sofort in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Schäfer (56) kann aber erst am 23. Februar die Leitung des Landesamtes übernehmen. Auffällig betonte der Minister, dass Desch „in gegenseitigem Einvernehmen“ ausscheide. Er danke ihm für seine Arbeit.
Die Opposition forderte Beuth auf, die überraschende Personalie im Innenausschuss zu erläutern. Der FDP-Abgeordnete René Rock sagte, die dünne Begründung des Ministers lasse vermuten, „dass mehr dahinter steckt, als dass nur ein frischer Wind in das Landesamt Einzug halten soll“.
Hohe Erwartungen an neuen Chef
Der gelernte Kriminalpolizist Desch hatte das Landesamt seit 2010 geführt. In seine Zeit fielen einige Pannen. 2012 entging dem Amt, dass ein Neonazi aus dem Gefängnis Hünfeld heraus ein bundesweites Netzwerk rechtsextremer Häftlinge knüpfen wollte. Am 1. Mai 2013 konnte die NPD ungehindert in Hanau demonstrieren, weil die Behörden sie dort nicht erwartet hatte. Auch von einem Treffen namhafter Salafisten im Januar in Dietzenbach habe der Verfassungsschutz offenbar nicht gewusst, berichtete die „Frankfurter Rundschau“.
Beuth sagte, er setze hohe Erwartungen in den erfahrenen Polizisten Schäfer. Der ist allerdings ist von Haus aus Bereitschaftspolizist und hat wenig Erfahrung im Staatsschutz.
Pannen in Sachen NSU
Ohnehin steckt das Landesamt seit dem Auffliegen der NSU-Morde 2011 im Umbruch. Die schwarz-grüne Regierung hat eine Expertenkommission berufen, die Vorschläge zur Verbesserung der Arbeit machen soll. Beuth nannte aber am Dienstag keinen Termin für diesen Bericht.
Beim NSU-Mord 2006 in Kassel war ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes am Tatort - nach seinen Angaben zufällig. Die Behörde blockte damals aber mit Einverständnis des damaligen Innenministers Volker Bouffier (CDU) ab, als Ermittler die Arbeit des Mannes und seine Kontakte untersuchen wollten. Diese Vorgänge soll ein Untersuchungsausschuss des Landtags aufklären.