Suche nach Würth-Entführern : „Einer allein macht das selten“
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Im Einsatz: Die Polizei hatte die Wohngemeinschaft, in der Markus Würth lebte, abgeriegelt. Bild: dpa
Bislang ist völlig unklar, wer den Sohn von Milliardär Reinhold Würth verschleppt hat. Experten sagen: Entführer stammen oft aus der gleichen Region wie ihr Opfer. Auch ein Fall wie dieser setze Insiderwissen voraus.
Die Suche nach den Tätern dauert an. Der 50-jährige Sohn der Unternehmerfamilie Würth wurde am Mittwoch in Osthessen verschleppt und am Tag darauf unversehrt aufgefunden. Eine heiße Spur bei der Fahndung nach den Entführern gab es laut den Ermittlern am Freitag noch nicht. Wo kann die Polizei ansetzen?
Nach Einschätzung von Experten sind Entführer mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit männlich, stammen aus der Region und haben Komplizen. „Einer allein macht das selten“, sagt der Wiesbadener Kriminologe Rudolf Egg. „Der Männeranteil bei den Tätern ist noch höher als bei anderen Gewaltdelikten.“ Fast 60 Prozent stammten aus der Umgebung, also derselben Gemeinde oder demselben Landkreis wie ihr Opfer.
Sohn in einem Wald gefunden
Der Direktor des Kieler Instituts für Krisenforschung, Frank Roselieb, vermutet, dass es sich auch bei den Entführern des Würth-Sohns um Insider handelt. Der Mann sei schließlich nicht auf der Straße vor seinem Elternhaus gekidnappt, sondern im Umfeld eines entlegenen Therapiezentrums entführt worden. Dass der 50-Jährige in der Behinderten-Einrichtung lebt, war nach Darstellung von Anwohnern in dem beschaulichen Ortsteil bekannt, in dem die Tat geschah. Doch bundesweit habe kaum ein Mensch überhaupt von der Existenz des Sohnes gewusst, sagt Roselieb.
Der Sohn des Schrauben-Unternehmers und Milliardärs Reinhold Würth hatte Glück im Unglück, er wurde unverletzt in einem Wald bei Würzburg gefunden. Nicht alle Entführungen gehen so glimpflich aus. Zwar würden 90 Prozent der Geiseln befreit, manche allerdings mit schweren Verletzungen, unter denen sie ein ganzes Leben lang zu leiden hätten, sagt Egg.
Entführer werden häufig gefasst
Dass eine Geisel sehr schnell freikomme, sei nicht ungewöhnlich, sagt Roselieb. Entführer stünden unter Zeitdruck. Neben dem Fahndungsdruck steige auch die Gefahr, vom Opfer identifiziert zu werden. Oft unterschätzten Täter auch den Betreuungsaufwand für die Geisel.
Roselieb zufolge werden die meisten Opfer daher schon nach der ersten gescheiterten Geldübergabe freigelassen. Das geschehe normalerweise nicht aus Mitleid, denn die Täter handelten meist kaltblütig. Vielmehr sei die Strafe im Fall einer Enttarnung dann einfach geringer. „Die Täter kriegen nicht so oft Geld, wie man glaubt“, sagt Roselieb. Und selbst wenn sie Geld bekämen, hätten sie kaum etwas davon, denn sie würden später meist gefasst.
Die meisten Kriminellen scheinen das zu wissen - denn das Verbrechen ist nicht sehr häufig. Es gebe selten mehr als zwei Dutzend echte Entführungsfälle pro Jahr. Sehr reiche Familien seien kaum betroffen, sagt Roselieb - und appelliert dennoch an sie, ihre Kinder zur Sicherheit auf besonders geschützte Internate zu schicken.