Hanau, Offenbach und Frankfurt : Städte leiden unter der Armutsmigration
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Städte sind oft Magneten für arme Zuwanderer. Bild: dapd
Auch hessische Großstädte klagen über die stark wachsende „Armutseinwanderung“ vor allem aus südosteuropäischen Ländern.
Auch hessische Großstädte klagen über die stark wachsende „Armutseinwanderung“ vor allem aus südosteuropäischen Ländern. Nach Angaben des Hessischen Städtetags sind besonders die südhessischen Städte Hanau, Offenbach und Frankfurt von den negativen Folgen betroffen, aber auch in Kassel sei das Phänomen bekannt. Wohnungen seien zum Teil überbelegt, außerdem nähmen mittellose Einwanderer gezielt Krankenversorgung und Sozialleistungen in Anspruch. Der Ausschuss für Soziales und Integration des Hessischen Städtetags will sich am Mittwoch nächster Woche mit dem Thema befassen. „Wir können das nicht hessenspezifisch lösen. Man muss es mindestens auf Bundesebene anpacken“, fordert der Geschäftsführende Direktor Jürgen Dieter.
Wie berichtet, hatte der Deutsche Städtetag Bund, Länder und die Europäische Union aufgefordert, sich angesichts der steigenden Zahl von Zuwanderern intensiver mit dem Problem zu beschäftigen. Dieter wertet die Initiative als einen „Hilferuf“ der Kommunen. Der Verband will eine Diskussion darüber führen, wie in den Herkunftsländern die Lebensbedingungen verbessert werden können, um Armutswanderungen unnötig zu machen. Mihai Balan, Organisationssekretär des Europäischen Vereins für Wanderarbeiterfragen in Frankfurt, fordert eine Angleichung der Lebensverhältnisse „nach oben in der EU“, um den Migrationsdruck einzudämmen. Viele sähen wegen der prekären Verhältnisse in der Heimat keinen anderen Ausweg: „Lieber Flaschensammler in Deutschland und ab und zu eine warme Mahlzeit als obdachlos und frieren.“
Straßenprostitution als Begleiterscheinung
Nach Angaben des Frankfurter Sozialdezernats ist die Zahl bulgarischer und rumänischer Familien, die von Hartz IV leben, stark gestiegen. Im September 2009 wurden 52 bulgarische und 191 rumänische „Bedarfsgemeinschaften“ gezählt, drei Jahre später waren es 267 beziehungsweise 386. Auch sei die Zahl der Osteuropäer, die im Winter in der Stadt draußen oder in der B-Ebene der Hauptwache schlafen, größer geworden - von den 139 Obdachlosen, die der Frankfurter Verein für soziale Heimstätten Ende Januar im ganzen Stadtgebiet gezählt habe, stammten 84aus Osteuropa. „Auf eine richtige Notunterkunft haben sie keinen Anspruch, sofern sie keine Sozialleistungen beziehen“, so die Dezernatssprecherin. „Das wiederum geht erst, wenn sie mindestens drei Monate gearbeitet haben.“
Laut Ordnungsdezernent Markus Frank (CDU), ist die Situation zwar nicht so schlimm wie im Ruhrgebiet. Allerdings kämpfe auch Frankfurt mit kriminellen Begleiterscheinungen der Armutsmigration wie der Straßenprostitution. In Höchst hätten überbelegte Häuser geräumt werden müssen. Die Kommune sei überfordert: „Man muss das auf europäischer Ebene lösen und den Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive bieten.“
In den vergangenen Jahren hätten die Fälle, in denen das Wohnungsamt und die Bauaufsicht wegen überbelegter Wohnungen einschreiten musste, zugenommen, sagt der Sprecher des Planungsdezernats: außer in Höchst auch im Bahnhofsviertel, in Bockenheim und im Ostend. Man habe „armselige Zustände“ angetroffen, berichtet die Leiterin des Wohnungsamts Waltraud Meier-Sienel. Zum Teil hausten sechs Personen auf Matratzenlagern und in Stockbetten in einem Raum. Die Eigentümer der Massenunterkünfte verstoßen gegen das Hessische Wohnungsaufsichtsgesetz, das Mindeststandards vorschreibt. So müssen mindestens neun Quadratmeter Wohnfläche je Person zur Verfügung stehen. Oft ist allerdings kaum zu ermitteln, wer die illegalen Zustände herbeigeführt hat: Meist handelte es sich um „verschachtelte Mietverträge“, sagt der Dezernatssprecher. Bei drastischen Überbelegungen seien Geldbußen von bis zu 250.00 Euro fällig.