Unternehmer hilft Unternehmer : Guter Rat ohne Berater
- -Aktualisiert am
Leitet eine Selbsthilfegruppe für Unternehmer: Thomas Büttner, ehemals Geschäftsführer etwa des Chemieunternehmens Allessa Bild: Lukas Kreibig
Wenn sie nicht weiterwissen, rufen Unternehmer häufig nach einem Berater. Es geht aber auch anders. Warum nicht andere Manager um Rat fragen?
Ein Besprechungsraum mitten in Frankfurt: Seit vier Stunden sitzt die blonde Frau mit dem Zopf schon in dieser Runde. Das macht sie nicht zum ersten Mal. Nun ist Zeit für sie zwar auch Geld, schließlich führt sie eine Firma. Dennoch nimmt sich die Mittelständlerin diese Stunden. Hier kann sie von ihrer Arbeit berichten, kann sagen, was sie beschäftigt. Und sie trifft auf offene Ohren von Gleichgesinnten. "Ich wüsste nicht, mit wem ich sonst über diese Themen sprechen sollte", sagt sie.
An einer Tischreihe sitzen ingesamt drei Frauen und sechs Männer jenseits der 40. Einige tragen Business-Schick, andere Jeans und Hemd oder einen Pulli. Sechzehn der 18 Augenpaare schauen in ein und dieselbe Richtung und pendeln zwischen einer Leinwand und der blonden Frau mit Zopf hin und her, die gerade das Wort hat.
Die Blonde mit skandinavischem Akzent berichtet lebhaft aus ihrem Büroalltag im Allgemeinen und einen Messenger-Dienst im Besonderen. Manchmal tippt sie kurz auf ihrem Laptop herum. Dann erscheint auf der Leinwand jeweils ein anderer Einblick in die Möglichkeiten des Messenger-Dienstes.
Die acht anderen hören der Referentin aufmerksam zu. Alle leiten ein mittelständisches Unternehmen oder sind Freiberufler, die ihre Firma nach vorne bringen wollen. Da kann es nicht schaden, über den Stand der Kommunikationstechnik Bescheid zu wissen. "Ich muss nicht mehr direkt zu der Person gehen und fragen: Kann ich dich sprechen? Ich bin aber immer mit ihr in Verbindung", erläutert die blonde Frau einen Vorzug des Online-Werkzeugs.
Dieser Vorzug ist in ihrem Fall nicht nur gefühlt und auch nicht nur eine Marotte einer Unternehmerin, deren Firma andere Betriebe digitalisiert. Ihre Mitarbeiter sind quer über die Welt verteilt, in Deutschland, Island, Spanien und den Vereinigten Staaten. "Wer nicht hier ist, meldet sich einfach über den Messenger", sagt sie. Die Referentin blickt in neugierige, aber auch Zweifel ausdrückende und ratsuchende Augen. Und das ist auch so gedacht.
Konzept aus den Vereinigten Staaten
Die Teilnehmer, die nicht namentlich genannt werden wollen, sind einer Einladung von Thomas Büttner gefolgt. Er hat viele Jahre lang in Deutschland und Amerika in der chemischen Industrie als Geschäftsführer gearbeitet und bietet nun Runden an, die man als Unternehmer-Räte bezeichnen könnte. Vorbild ist der aus den Vereinigten Staaten stammende The Alternative Board (TAB), einer von mittlerweile mehreren Anbietern weltweit , die auf "Peer Advisory" setzen - ein Konzept, das einen organisierten und moderierten Austausch auf Augenhöhe vorsieht. In Rhein-Main gibt es mit Büttner bereits vier TAB-Anbieter: in Flörsheim, in Griesheim und zwei in Frankfurt. Diese vier Franchisenehmer und Coaches in Hessen waren zuvor alle selbst in Führungspositionen in Unternehmen tätig. In diesen Runden beraten sich Praktiker wechselseitig, statt sich teure Unternehmensberater in die Firma zu holen.
Zum Beispiel über die Kommunikation in einem Arbeits-Team. Frage aus dem Kreis der Zuhörer: "Was ist der Vorteil gegenüber einer Mail?" Die Referentin braucht nicht lange zu überlegen. Der Messenger gebe einen Überblick über alle Mitarbeiter, die online seien. So sei für die interne Kommunikation kein Blick ins digitale Postfach mehr nötig. "In unserer Gruppe werden keine Mails mehr verschickt", sagt sie. Anders gesagt: Kommt eine Mail herein, stammt sie von außen, also zum Beispiel von einem Kunden. So trennt sie zwischen der internen und der externen Kommunikation.