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Hebesatz mehr als verdoppelt : Bürgern in Lorch droht der Grundsteuerschock

  • -Aktualisiert am

Teuer: Den Bewohnern von Lorch droht ein hoher Hebesatz. Bild: dpa

Steuer-Spitzenplatz in Hessen: Für einen ausgeglichenen Etat soll der Hebesatz der Grundsteuer in Lorch auf 1285 Prozent steigen. Der Haushaltsentwurf stößt auf Widerstand.

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          Für die rund 3800 Bürger der Stadt Lorch im Rheingau wird es vermutlich teuer. Der von Bürgermeister Ivo Reßler (parteilos) vorgelegte Haushaltsentwurf für 2020 sieht vor, dass der Hebesatz für die Grundsteuer auf 1285 Prozent steigt, um einen ausgeglichenen Etat zu ermöglichen. Das wäre ein Rekord in Hessen, den bisher die Gemeinde Lautertal im Odenwald mit 1050 Prozent hält. Im landesweiten Durchschnitt beträgt der Hebesatz etwa 460 Prozent. Noch muss allerdings die Stadtverordnetenversammlung dem Haushaltsentwurf zustimmen. Die SPD kündigt Widerstand an.

          In seiner Haushaltsrede präsentierte Reßler den Stadtverordneten am Donnerstagabend keine guten Zahlen. Demnach wurde das Jahr 2018 mit einem Defizit von 411.000 Euro abgeschlossen, die Neuverschuldung für Investitionen betrug rund 390.000 Euro. Das vergangene Jahr endete rechnerisch mit einem Saldo von rund 408.000 Euro, der Jahresabschluss steht noch aus. Hinzu komme eine Neuverschuldung durch Kassenkredite in Höhe von 1,56 Millionen Euro, die eigentlich bis Ende des Jahres hätten zurückgezahlt werden sollen. „Das geschah nicht, es war nichts da, um zurückzuzahlen“, sagte der Bürgermeister.

          Erhöhung eine Folge schlechter Haushaltsführung

          Der jetzt vorgelegte Haushaltsentwurf hat ein Volumen von 9,5 Millionen Euro und plant mit einem Überschuss von knapp 300.000 Euro. Der Höchstbetrag an Kassenkrediten, die in diesem Jahr aufgenommen werden dürfen, beträgt sechs Millionen Euro. Um einen ausgeglichenen Haushalt zu ermöglichen, sind laut des von Reßler vorgelegten Entwurfs der genannte Hebesatz für die Grundsteuer B in Höhe von 1285 Prozent nötig. Das bedeutet eine Steigerung um 600 Prozentpunkte, da der derzeitige Hebesatz 685 Prozent beträgt. Bei der Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Betriebe soll der Hebesatz von derzeit 350 Prozent auf 785 Prozent mehr als verdoppelt werden. Nur der Gewerbesteuerhebesatz von 450 Prozent bleibt nach den Plänen gleich.

          Der Etat, sagte Reßler, sei genehmigungsfähig, wie das Innenministerium mitgeteilt habe. Die Grundsteuererhöhung sei eine Folge schlechter Haushaltsführung in der Vergangenheit. Sollten sich CDU, SPD und FWG der Grundsteuererhöhung verweigern, dann müssten sie aufzeigen, wie Lorch seinen Etat ausgleichen könne, sagte der Bürgermeister.

          Viel Ärger um den Haushalt

          Aber auch die höheren Steuern werden allein nicht reichen, um einen defizitären Haushalt zu vermeiden, weswegen diverse Bauvorhaben und Investitionen gestrichen werden sollen. Dazu gehören unter anderem eine neue Halle und ein neues Fahrzeug für die Feuerwehren der Stadtteile Ransel und Wollmerschied. Das betrifft auch die geplante Sanierung des Feuerwehrhauses in Lorchhausen, zumal die Kosten um etwa 80 Prozent höher als geplant ausfallen würden. Laut Reßler müsse „geschoben und gestrichen“ werden, was nicht unbedingt erforderlich sei.

          Der Haushalt für dieses Jahr hat schon zu Ärger geführt, denn der Magistrat hatte Anfang April den Entwurf zurückgewiesen und auch nicht beraten. Später stellte der Magistrat dann den Haushalt fest. Damit ist der Streit nicht beendet, denn die SPD-Fraktion hatte den Antrag gestellt, die Grundsteuer rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres auf 575 Prozent zu senken. Dies, so lautet Antragsbegründung, habe die Stadtverordnetenversammlung schon im Dezember 2017 für 2019 beschlossen, und dieser Beschluss sei nur wegen „unvorhersehbarer Ereignisse“ ausgesetzt worden.

          Der Antrag wurde in der Sitzung zurückgezogen. Das begründete SPD-Fraktionsvorsitzender Georg Breitwieser damit, dass es vor der Frist für den Haushalt am 30. Juni noch zwei Sondersitzungen am 4. und am 23. Juni geben soll, in denen über die Höhe der Grundsteuer diskutiert werden könne. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SPD-Fraktion dieser Grundsteuererhöhung zustimmen wird“, sagte Breitwieser.

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