Graffiti : Das ewige Katz-und-Maus-Spiel mit den Schmierfinken
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Saubermänner bei der Arbeit: Patrick Wittmann nimmt die Graffiti mit einem Hochdruckstrahler ins Visier. Bild: Schmitt, Felix
Was andere ärgert, bringt ihnen Geld ein: Zwei Gebäudereiniger haben sich auf das Entfernen von Graffiti spezialisiert - genug zu tun gibt es immer.
Ein weißer Geländewagen parkt in zweiter Reihe. Die Warnlichter blinken. Aus dem Laderaum dröhnt ein Stromgenerator, ein schwarzer Schlauch führt zu Patrick Wittmann. Er steht auf einer Leiter, mitten auf dem Bürgersteig der Juliusstraße. Seine Hose ist von Farbklecksen übersät. Darüber trägt Wittmann eine neongelbe Regenjacke. In seiner rechten Hand hält er einen langen Metallstab mit schwarzem Griff. Wie ein Gewehr nimmt er ihn in Anschlag. Durch das Klappvisier des Schutzhelms suchen seine Augen die Fassade nach dem ersten Ziel ab: Die lilafarbenen Buchstaben sind es. Wittmann drückt den Abzug, sein Kollege Stefan Atzinger achtet darauf, dass die schaulustigen Passanten nicht nass werden. Ein paar Schulkinder sind von ihren Fahrrädern gestiegen und beobachten, wie eine gräuliche Flüssigkeit auf den Gehweg prasselt. Und wieder ist ein Graffito verschwunden.
Patrick Wittmann und Stefan Atzinger arbeiten als Graffiti-Entferner für das Wiesbadener Gebäudereinigungsunternehmen Rüppel. Die Firma hat sich auf das Entfernen von Graffiti spezialisiert und sich dazu mit einem Malerbetrieb zum Verbund „Anti-Graffiti Rhein-Main“ zusammengeschlossen. Seit zweieinhalb Jahren ist der gelernte Glas- und Gebäudereiniger Wittmann Tag für Tag im Rhein-Main-Gebiet unterwegs, um Bahnhöfe, Gebäude und Denkmäler von illegaler Straßenkunst zu befreien. Atzinger begleitet ihn seit dem vergangenen Sommer.
„Wir arbeiten immer noch Aufträge vom letzten Winter ab“
Zu ihren Kunden gehören private Hauseigentümer und Anwohner, die weder Gesprühtes noch Gekritzeltes dulden wollen. Große Unternehmen wie C&A und die Deutsche Bank haben ihre Dienste schon in Anspruch genommen, viele Städte zählen mittlerweile auf den mittelständischen Betrieb. „Bisher haben wir noch alles sauber gekriegt“, sagt Wittmann knapp. An der Fassade des Opernturms in Frankfurt haben die beiden sich im vergangenen Jahr tagelang abgearbeitet. Dort war die Graffiti-Farbe schon zu tief in den Sandstein eingedrungen. Sie mussten den Stein am Ende abschleifen. Dienstwagen der Post haben sie von gesprühtem Lack befreit, genauso wie das Denkmal des deutschen Königs ConradI. in Villmar. Der Auftrag an der Juliusstraße wiederum kam von einer Hausverwaltung. „An Arbeit mangelt es im Rhein-Main-Gebiet jedenfalls kaum“, sagt Wittmann. „Ganz im Gegenteil: Es wird immer mehr.“
Ein Besuch bei Udo Ernst bestätigt diesen Eindruck. Er ist Geschäftsführer der Firma Rüppel, und auf seinem Schreibtisch stapelt sich das Papier. „Wir arbeiten immer noch Aufträge vom letzten Winter ab“, sagt Ernst. Seit 2007 hat er vier neue Mitarbeiter eingestellt. Sie bilden die Abteilung „Graffiti-Entfernung“, koordinieren die Aufträge, erstellen Angebote und kümmern sich schließlich um die Reinigung. Etwa 20Prozent des Jahresumsatzes macht die Firma in der Graffiti-Sparte. Von November bis März erschweren die niedrigen Temperaturen und vor allem Schnee und Regen die Arbeit. Dann konzentriert sich die Firma auf ihr Kerngeschäft: Glasfenster putzen, Büros reinigen, auf Parkplätzen und in Gärten kehren.
Es gibt ein Zertifikat
Die Graffiti-Entfernung hat Ernst über die Jahre perfektioniert. Mit einem Messgerät speichern die „Graffiti-Guards“ inzwischen den exakten Ursprungs-Farbton der Fassade und lassen den dann von einem Malerbetrieb anmischen. Sind die Graffiti entfernt, streichen Wittmann und Atzinger, sofern gewünscht, auch die Fassade neu. Es gibt Orte, an denen Sprayer besonders gerne ihre Spuren hinterlassen, zum Beispiel in Bahnhofspassagen oder Unterführungen. Dort tragen Wittmann und Atzinger dann oft noch ein Graffiti-Schutzmittel auf. Das hält bis zu fünf Jahre lang. Sollte der Untergrund abermals beschmiert werden, lässt sich die Farbe so schneller abwaschen.