Getötete Frau in Darmstadt : „Ehrenmord“ wegen des falschen Bräutigams?
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In einem Wald bei Darmstadt: Hier legten die Eltern die Leiche der jungen Frau ab. Bild: dpa
Zwei Tage, nachdem eine 19 Jahre alte Frau in Darmstadt tot an einem Parkplatz gefunden wurde, verdichten sich die Hinweise auf einen Ehrenmord. Es wäre nicht der erste in Hessen.
Zwei Tage nach dem Gewaltverbrechen an einer 19 Jahre alten Frau aus Darmstadt, deren Leiche an einem Parkplatz abgelegt worden war, geht die Polizei von einem „Ehrenmord“ aus. Nun wurden die Eltern der Deutschpakistanerin sowie ein Onkel und eine Tante festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, die junge Frau gemeinsam getötet zu haben. Als dringend tatverdächtig gelten der 51 Jahre alte Vater und seine zehn Jahre jüngere Frau. Sie sollen ihre Tochter erwürgt haben. Gegen sie wurden am Donnerstag Haftbefehle wegen Mordes erlassen. Die beiden anderen Verwandten werden der Beihilfe beschuldigt.
Leiche mit dem Rollstuhl aus dem Haus gebracht?
Den Erkenntnissen zufolge wurde die Neunzehnjährige im Haus ihrer Eltern im Stadtteil Kranichstein getötet. Anschließend soll die Leiche mit dem Rollstuhl der Großmutter aus dem Haus zum Auto gebracht worden sein. Die Getötete wurde zu einem beliebten Naherholungsgebiet am Steinbrücker Teich gefahren, etwa zehn Minuten Autofahrt vom Elternhaus entfernt. Dort wurde sie auf einem Parkplatz an einer Böschung abgelegt, wo sie am Mittwochmorgen gefunden wurde.
Die Staatsanwaltschaft äußerte sich nicht zu der Frage, wie die Ermittler so schnell auf Eltern und Verwandte als Beschuldigte gekommen sind. Vermutlich hat jemand aus dem direkten Umfeld der Getöteten die Eltern der jungen Frau belastet. Das erklärt auch die schnelle Aufklärung des Motivs.
Beziehung zu einem Deutsch-Pakistani
Offenbar hatte das Opfer schon seit längerem eine Beziehung zu einem jungen Mann, der wie sie Deutscher pakistanischer Herkunft ist. Beide wollten heiraten. Diese Pläne soll die Neunzehnjährige ihren Eltern kurz vor ihrem Tod mitgeteilt haben. Allerdings waren die Eltern gegen die Hochzeit. Wohl deshalb kam es zu der Tötung der jungen Frau.
Über die weiteren Lebensumstände der Neunzehnjährigen wurde gestern wenig bekannt. Nur so viel, dass sie im Gegensatz zu ihren Eltern die deutsche Staatsbürgerschaft hatte und auch sonst als gut integriert galt. Die Eltern haben noch eine zweite, jüngere Tochter, die aber nach derzeitigen Erkenntnissen die Tat nicht mit ansehen musste und auch sonst nicht einbezogen gewesen ist. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte, die Schwester sei „gut untergebracht“ und werde betreut.
Auch am Donnerstag noch war der Parkplatz in der Nähe des Oberwaldhauses an der Dieburger Straße abgesperrt. Beamte der Spurensicherung hatten den Tatort und die umliegende Gegend weiträumig abgesucht. Fündig wurden die Ermittler aber vor allem im Umfeld des Opfers selbst, wie die Polizei mitteilte. Noch in der Nacht zum Donnerstag hätten sie genügend Beweismaterial gegen die Beschuldigten zusammentragen können.
Der Fall ist nicht der erste mutmaßliche „Ehrenmord“ in Hessen. Vor etwa einem Jahr wurde in Frankfurt eine junge Afghanin getötet, die sich offenbar ihrer Zwangsehe widersetzt hatte. Der Vater ist dringend verdächtig, seine Tochter erwürgt zu haben. Nach der Tat soll er Fotos des Opfers gemacht haben, um sie in Afghanistan der Familie des von ihm vorgesehenen Ehemannes zu zeigen. In Bad Homburg wurde im vergangenen Jahr ein 41 Jahre alter Afghane verurteilt, weil er seine 16 Jahre alte Tochter aus Verärgerung über ihren Lebenswandel mit mindestens 30 Stichen ermordet hat.