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Teilzeit-Führungskraft : Drei Tage Chefin, zwei Tage zu Hause

  • -Aktualisiert am

Zu zweit nach oben: Katja Jenkner (links) und Dorle Springer leiten bei der Deutschen Bahn abwechselnd eine Abteilung Bild: Max Kesberger

Zwei Führungskräfte, eine Stelle: Jobsharing auf Leitungspositionen ist noch selten. Ein Beispiel aus Frankfurt zeigt aber, dass es funktionieren kann.

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          Für Führungskräfte haben Katja Jenkner und Dorle Springer einen ungewöhnlichen Anspruch: Sie wollen austauschbar sein. Was für andere eine Beleidigung wäre, empfinden Jenkner und Springer als Kompliment. Die beiden Frauen teilen sich im Vertrieb der Deutschen Bahn eine Stelle mit dem sperrigen Titel „Leiterin Grundsätze Vermarktung und Ausschreibungsmanagement Öffentlicher Personennahverkehr“.

          Zu ihren Aufgaben zählt es zum Beispiel, dass man an einem DB-Automaten eine Fahrkarte für ein anderes Eisenbahnunternehmen ziehen kann, wenn es auf den Gleisen des Staatskonzerns unterwegs ist. Das Besondere daran ist, dass in der ersten Wochenhälfte Jenkner die Abteilung leitet und am Mittwoch Springer übernimmt.

          Jobsharing heißt das Arbeitsmodell, das Katja Jenkner und Dorle Springer nutzen. Dabei teilen sich mehrere Mitarbeiter eine Stelle. Meist sind die Beschäftigten selbst verantwortlich, wie sie Aufgaben und Arbeitszeit untereinander verteilen.

          Jobsharing klingt nach viel Organisationsaufwand

          So ist es auch bei Jenkner und Springer. Sie haben jeweils eine 60-Prozent-Stelle. Am Donnerstagmorgen sind stets beide Frauen im Büro, um die Aufgaben zu koordinieren, sonst sprechen sie sich am Telefon oder per Mail ab. Zweimal in der Woche machen sie eine Übergabe und tauschen aus, was passiert ist, während die andere nicht da war.

          Das klingt nach viel Organisationsaufwand. So ist es aber gar nicht. „Tatsächlich entwickeln wir währenddessen viele Themen weiter“, sagt Springer. Überhaupt sei der große Vorteil von Jobsharing, einen ebenbürtigen Sparringspartner zu haben. „Zwei Köpfe haben mehr Ideen als einer“, erläutert Jenkner.

          Wie viele Unternehmen das überzeugt hat, lässt sich nicht genau feststellen. Beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln heißt es, dass 2012 ungefähr jedes neunte Unternehmen Jobsharing anbot - generell, nicht speziell für Führungspositionen. Darüber existiert gar keine Statistik. Bisher entstehe das Teilzeitmodell meist zufällig, sagt der Arbeitsmarktexperte des Instituts, Oliver Stettes. Zum Beispiel dann, wenn eine bewährte Führungskraft auf Teilzeit reduzieren, der Arbeitgeber sie aber nicht verlieren wolle.

          Rechtsanspruch auf Jobsharing gibt es nicht

          So war es auch bei Jenkner und Springer. Die beiden lernten sich vor knapp zehn Jahren bei der Deutschen Bahn kennen, teilten sich ein Büro, kamen gut miteinander aus. Später stieg Springer zur Abteilungsleiterin auf. Als sie schwanger wurde und auf Teilzeit umsteigen wollte, schlug Jenkner, die schon eine Tochter hatte, das Jobsharing-Modell vor. Seit September 2013 bilden die Frauen ein Tandem.

          Gründe für Jobsharing gibt es viele. Jenkner und Springer wollten mehr Zeit für ihre Kinder. Genauso bietet sich das Modell aber an, wenn jemand die Eltern pflegen muss oder neben der Arbeit studiert. Die gesetzlichen Grundlagen regelt das Teilzeit- und Befristungsgesetz. In Paragraph 13 heißt es: „Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass mehrere Arbeitnehmer sich die Arbeitszeit an einem Arbeitsplatz teilen.“ Einen Rechtsanspruch auf Jobsharing gibt es aber nicht.

          Jobsharing: Die Deutsche Bahn, hier die Hauptverwaltung in Frankfurt, ist eines der wenigen Unternehmen, die dieses Arbeitsmodell für Führungskräfte ermöglicht
          Jobsharing: Die Deutsche Bahn, hier die Hauptverwaltung in Frankfurt, ist eines der wenigen Unternehmen, die dieses Arbeitsmodell für Führungskräfte ermöglicht : Bild: Max Kesberger

          Auch einige Filialen der Commerzbank werden von einer Doppelspitze geleitet, allerdings keine davon im Rhein-Main-Gebiet. Neben Jobsharing gibt es weitere Teilzeitkonzepte, die der Konzern anbietet. Alexandra Warkus und Thomas Kirsch nutzen zum Beispiel das Vertretermodell. Sie leitet von Frankfurt aus den Personalgrundsatz-Bereich, verhandelt etwa mit dem Betriebsrat über Arbeitszeiten. Er arbeitet im selben Bereich als Abteilungsleiter, also eine Führungsebene unter Warkus. Kirsch springt aber ein, wenn seine Chefin nicht da ist. Dann gibt er sein Tagesgeschäft an Kollegen ab und übernimmt Warkus’ Aufgaben.

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