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Frankfurter Tafel : „Ob Frankfurter oder Flüchtling: immer der Reihe nach“

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Die zweite Vorsitzende der Frankfurter Tafel packt an: Edith Kleber in der Ausgabehalle im Bahnhofsviertel Bild: Bernd Kammerer

Die Tafel verteilt 200 Tonnen Lebensmittel im Monat – mittlerweile auch an Flüchtlinge. Im Gespräch verrät die zweite Vorsitzende der Frankfurter Tafel, dass die neuen Kunden besondere Vorlieben haben.

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          Aus anderen Städten ist zu hören, dass viele Flüchtlinge zu den Tafeln kommen und deshalb Engpässe drohen. Gilt das auch für Frankfurt?

          Frankfurt scheint eine Ausnahme zu sein. Natürlich kommen auch Flüchtlinge zu uns, aber wir werden noch nicht überrannt. Knapp 100 Flüchtlinge kommen in unsere 13 Ausgabestellen, die wir in Frankfurt, Offenbach und Friedrichsdorf betreiben.

          Also bisher keine Probleme?

          Nur einmal kam eine größere Gruppe zur Tafel im Bahnhofsviertel. Dort wohnen viele Flüchtlinge in Hotels, und es hatte sich herumgesprochen, dass es bei uns kostenlose Lebensmittel gebe. Aber so einfach ist es ja nicht. Wir wollen einen Nachweis der Bedürftigkeit, meistens den Frankfurt-Pass.

          Und den hatten die Flüchtlinge nicht?

          Manche hatten ihn, andere hatten ihn nicht. Ich habe aber den Eindruck, dass wir nicht unbedingt das Angebot haben, das sich die Flüchtlinge vorstellen. Sie kommen dann einmal, schauen es sich an, und wir sehen sie nie wieder.

          Was ist denn falsch an der Tafel aus Sicht der Asylsuchenden?

          Ich glaube, es ist das Angebot an Lebensmitteln. Wir gehen schon jetzt ein bisschen darauf ein, was die Menschen in ihren Heimatländern kochen und essen. Zum Beispiel haben wir Sponsoren gesucht, die uns Reis und Fisch in Konserven geben. Das essen auch Flüchtlinge gerne. Wir versuchen, diese Sachen an alle Ausgabestellen zu verteilen. Dosensuppen kommen aber zum Beispiel nicht so gut an bei unseren ausländischen Mitbürgern. Wir haben festgestellt, dass Flüchtlinge vor allem frische Produkte wünschen.

          Aber die haben Sie wahrscheinlich nicht immer.

          So ist es. Im Winter sind Obst und Gemüse teurer, deshalb bekommen wir weniger aus den Supermärkten. Dann müssen wir zusehen, dass wir die Waren je nach Haushaltsgröße gerecht verteilen. Backwaren hingegen haben wir in großen Mengen, weil uns sehr viele Bäckereien unterstützen.

          Und Zuwanderer mögen deutsches Brot nicht so gern?

          Das ist sehr unterschiedlich. Einerseits muss man das verstehen, aber wenn jemand Hunger hat, isst er sicher auch etwas, was er noch nicht kennt, und lernt so vielleicht die neue Kultur etwas kennen. Damit meine ich natürlich nicht Schweinefleisch, zumal wir das ohnehin sehr selten haben, von abgepackter Wurst mal abgesehen.

          Es heißt, dass Supermärkte knapper kalkulieren und weniger Lebensmittel spenden. Merken Sie das auch?

          Ja, im Herbst war es dramatisch. Da dachten wir, es hängt mit der Flüchtlingspolitik zusammen, dass die Läden günstiger an die Unterkünfte verteilen. Aber das hat mir niemand bestätigt. Nun hat sich die Lage wieder stabilisiert.

          Was brauchen Sie denn besonders?

          Wir suchen vor allem Sponsoren, die uns Konserven zur Verfügung stellen, die Tafeln kaufen ja nichts selbst. Unsere Kunden stellen sich ja nicht in die Schlange, um am Ende mit drei Brötchen, einem Salat und einem Stück Wurst nach Hause zu gehen.

          Sondern?

          Man bekommt eine Tüte Obst, eine mit Salat und Gemüse und mindestens eine gemischte Tüte. Da sehen wir immer zu, dass auch Trockenprodukte dabei sind. Wir stellen unseren Kunden frei, ob sie Lebensmittel mitnehmen wollen, deren Haltbarkeitsdatum fast abgelaufen ist. Das muss jeder selbst entscheiden. Unsere Migranten sind nach meiner Beobachtung besonders empfindlich, was das angeht. Vielleicht haben sie falsche Informationen, was das Datum überhaupt aussagt.

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