Frankfurter Riedberg : Künstlich, aber familienfreundlich
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Wachstum am Stadtrand: Schon rund 10.000 Frankfurter leben auf dem Riedberg. Nur noch wenige Baukräne drehen sich dort. Bild: Wolfgang Eilmes
Der neue Stadtteil Riedberg ist fast fertig. Wie fühlen sich die Bewohner dort und was vermissen sie? Zeit für eine Zwischenbilanz.
Nach vierzig Minuten auf dem Fahrradsattel taucht der Riedberg endlich auf: niedrige weiße Häuser mit flachen Dächern hinter einem Band aus grünen Wiesen. Baukräne sind eine Seltenheit geworden, das Neubaugebiet am nördlichen Stadtrand ist fast fertig. Die Kommune hat die „Stadtentwicklungsmaßnahme“ für den Riedberg vor einigen Wochen formal aufgehoben.

Redakteur in der Rhein-Main-Zeitung.
Am Spielplatz im Quartier Bonifatiusbrunnen sitzen zwei Mütter in der Sonne, ihre Kinder vergnügen sich im Sandkasten. Eine der beiden ist schon vor 13 Jahren auf den Riedberg gezogen, sie wohnt im „französischen Viertel“ eines Bauträgers. „Es sieht ein bisschen aus wie in einer Ferienhaussiedlung“, sagt die junge Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Sie fühle sich auf dem Riedberg sehr wohl. „Es ist familienfreundlich, und jetzt ist auch alles da.“
Enttäuscht von der Riedberger Ladenzeile
Das Quartier Bonifatiusbrunnen war das erste, das auf dem Riedberg Gestalt angenommen hat. Die Entwicklung begann 2002 eher schleppend, die Familie der jungen Frau zog damals auf eine Baustelle. Im Garten stand noch ein Bagger, und die Lastwagen brausten mit einem „Affentempo“ vorbei, wie sie sich erinnert. „Die Staubwolke war sieben Meter hoch, wir haben keine Fenster geputzt.“
Damals gab es auch noch keine Grundschule, keine U-Bahn und keinen Supermarkt. Der jüngste Sohn fuhr nach Niederursel mit dem Bus und wechselte dann erst auf die neue Grundschule am Riedberg. Dass die Pläne für den Einzelhandel mehrfach geändert wurden, ärgert die Frau noch heute. „Das ist schade. Wir haben eine andere Wohnidee mit einer Ladenzeile gekauft.“ Doch dann ist in der Nachbarschaft ein Lidl eingezogen.
Wohnprojekte mit absurden Namen
90 Prozent der geplanten Wohneinheiten auf dem Riedberg sind inzwischen fertig oder durch Bauverpflichtungen abgesichert. Wenn die Entwicklung des Riedbergs abgeschlossen ist, sollen 6300 Wohnungen für 15.000 Menschen entstanden sein. Derzeit leben rund 10.000 Menschen in dem neuen Stadtteil, allein im zweiten Halbjahr 2015 sind 500 hinzugekommen. Bis auf den sogenannten Westflügel und einige kleinere Areale sind alle Quartiere bebaut. Auf dem zum Stadtteil gehörenden Campus der Goethe-Universität lernen etwa 8000 Studenten, hinzu kommen 3000 Arbeitsplätze.
Wer mit dem Fahrrad durch das Neubaugebiet fährt, erlebt an der einen oder anderen Stelle ein Déjà-vu. Drei-, manchmal viergeschossige Häuser mit weißen Putzfassaden und Flachdächern prägen das immergleiche Bild. Wer sich nicht auskennt, kann sich durchaus verlaufen. Die Wohnprojekte tragen teils absurde Namen, etwa „Lady Di’s Love Affair“, „Swingin’ Riedberg“ oder „Bianco. The Parkside of Life“. Vor den Häusern stehen Mittelklassewagen und einige SUVs.
Stadtteil sei „retortenmäßig“
In der Mitte des Stadtteils liegt das Riedberg-Zentrum. Dort, gegenüber dem Universitätscampus, sind zahlreiche Geschäfte eingezogen, es gibt einen Rewe, einen Aldi, einen dm-Drogeriemarkt, eine Sparkasse, Friseure, eine Apotheke, Cafés, eine Buchhandlung und einen Bio-Markt. Auf dem großen steinernen Platz plätschert ein Sprudelbrunnen, in dem die Kinder spielen. Familien und viele Schwangere bevölkern die Cafés.