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Ausgezeichnete Arbeit: Katharina Iskandar berichtet über Fälle von Rechtsextremismus und Terrorismus im Rhein-Main-Gebiet.

Kommentar : Frankfurter Polizei vor großer Herausforderung

Stumme Zeugen einer Schießerei unter Rockern in FRankfurt: Blutspuren auf dem Bürgersteig Bild: dpa

Derzeit nur schwer zu glauben, dass Frankfurt ein eher friedlicher Ort ist. Denn die Zahl der Morde und anderer Verbrechen, die sich zuletzt ereignet haben, vermittelt den Eindruck, Frankfurt sei zum „deutschen Chicago“ verkommen.

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          Seit Jahren gilt Frankfurt als „Hochburg des Verbrechens“. Immer dann, wenn die Bundeskriminalstatistik vorgestellt wird, die die Delikte ins Verhältnis zur Einwohnerzahl setzt, bekommt die Stadt den Titel verpasst. Dass er auf Sondereffekten wie dem Flughafen beruht, ist dann nur im Kleingedruckten zu lesen. Frankfurt ist nicht krimineller als andere Großstädte.

          Allerdings ist in diesem Jahr nur schwer zu glauben, dass Frankfurt ein eher friedlicher Ort zum Leben ist. Denn die Zahl der Morde und anderer schwerer Verbrechen, die sich seit der Jahreswende ereignet haben, vermittelt den Eindruck, Frankfurt sei zum „deutschen Chicago“ verkommen. Eine Stadt, in der es alle paar Wochen wilde Schießereien, mitunter mit Toten, gibt. Man darf diesen Eindruck nicht überbewerten. Fest steht aber, dass die Ereignisse der vergangenen Monate die Polizei vor große Herausforderungen stellen.

          Fälle von Blutrache

          Auch wenn es die Behörde niemals öffentlich äußern würde, so werden die Taten inzwischen auch in einem größeren gesellschaftlichen Kontext gesehen. Schon kurz nach dem Tod einer jungen Afghanin sprach die Polizei von einem klassischen „Ehrenmord“ - ein Phänomen, mit dem man in Zukunft wohl öfter rechnen müsse.

          Auch nach der Schießerei vor dem Landgericht Ende Januar, bei der zwei Männer quasi auf offener Straße getötet wurden, sprachen die Beamten von „Blutrache“. Es handelte sich um eine Ausprägung jener Paralleljustiz, die sich immer stärker verbreitet. Sie hat für das etablierte Rechtssystem, dessen Verfahren als zu langwierig, dessen Maßstäbe als zu modern und dessen Strafen als zu milde betrachtet werden, nur Verachtung übrig.

          Diesen Trend zu brechen ist keine einfache Aufgabe. Sowohl Ehrenmorde als auch Fälle von Blutrache sind im engen oder weiteren Sinne Beziehungsdramen. Das zeigt auch der jüngste Todesfall der jungen Hilda L. aus Frankfurt-Nied, der von Ermittlern als äußerst brutal beschrieben wird. Die Polizei kann nur ihrer Rolle als „Aufklärer“ nachkommen, was sie erfolgreich tut. Die Prävention ist dagegen Aufgabe der gesamten Gesellschaft.

          Katharina Iskandar
          Verantwortliche Redakteurin für das Ressort „Rhein-Main“ der Sonntagszeitung.

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