Frankfurter Frauenreferat : „Ausruhen geht nicht in der Frauenpolitik“
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Kämpferin für die Gleichberechtigung: Frauenreferatsleiterin Gabriele Wenner Bild: Francois Klein
Abtreibungsgegner, MeToo-Bewegung, ungleiche Löhne: Ein Gespräch mit Leiterin Gabriele Wenner über 30 Jahre Frauenreferat der Stadt Frankfurt.
Braucht es nach 30 Jahren noch ein Frauenreferat?
Mehr denn je. Es gibt wieder antifeministische Attacken, und sie werden immer stärker. Die Gleichstellungsfragen sind ja weltweit nicht gelöst. Auch in Deutschland haben wir die Gleichberechtigung noch nicht erreicht. Auf unserer Hausaufgabenliste stehen noch reichlich Punkte.
Kritiker sagen, es braucht keine städtische Behörde für das gesellschaftliche Thema der Gleichberechtigung.
Es gibt den Grundgesetzartikel, wonach der Staat sich um die Erreichung der Gleichstellung von Mann und Frau kümmern soll. Insofern ist es logisch, Stellen in Kommunalverwaltungen einzurichten, die die Fäden zusammenhalten. Natürlich können wir als Referat nicht allein die Gleichberechtigung von Männern und Frauen erreichen. Wir brauchen die Träger, Initiativen und Verbände mit speziellen Angeboten für Frauen, Aktivistinnen, Bürger – Männer wie Frauen, die sich einsetzen. Nur so zusammen kann es gehen.
Sie sagen, es gibt wieder mehr antifeministische Attacken. Auch in Frankfurt?
Wir haben vor ein paar Jahren noch gesagt, Frankfurt ist die Stadt der Frauen: Wir hatten eine Oberbürgermeisterin, Bürgermeisterin und eine Stadtverordnetenvorsteherin, also alle zentralen Position in der Stadtpolitik waren von Frauen besetzt. Wir haben damals zweimal das bundesweite Genderranking der Großstädte gewonnen. Damit wurde der Stadt bestätigt, dass sie einen hohen Anteil an Frauen in politischen Ämtern, im Stadtparlament, als Ausschussvorsitzende und im Magistrat, aber auch einen hohen Anteil an Amtsleiterinnen hatte.
Das ist jetzt, zehn Jahre später, alles zurückgegangen. Das bedeutet: In der Frauenpolitik kann man sich nicht ausruhen. Es gibt derzeit weniger Frauen in der Politik und in führenden Positionen, bei den Amtsleiterinnen stagniert es. Und es sind wieder Themen auf der Agenda, von denen wir gedacht hätten, dass sie befriedet sind.
Was sind das für Themen?
Ich hätte nicht gedacht, dass wir noch einmal über das Recht auf Abtreibung oder das Recht auf körperliche Selbstbestimmung streiten müssen. Da gibt es seit einigen Jahren die sogenannten Lebensschützer. Ich habe den Eindruck, deren Einfluss wird größer, und es werden mehr. Neu ist, dass wir um das, was wir ausgehandelt hatten, wieder kämpfen müssen. Nur um zu erreichen, dass alles so bleibt, wie es ist. Es gab ja einen Kompromiss, auch wenn der nicht richtig befriedigend war. Der lautete: dass Frauen selbst bestimmen können, vorausgesetzt sie lassen sich beraten, aber dass Abtreibung immer noch illegal ist. Das war vielen Frauen sicher gar nicht bewusst.
Und nun gibt es Mahnwachen vor Pro Familia in Frankfurt.
Ja, jetzt haben wir das Thema wieder auf der Agenda. Das zeigt, dass es Kräfte gibt, die gegen diesen Kompromiss arbeiten. Die sind nicht nur vor Pro Familia aktiv, die sind weltweit vernetzt. Auch die Forderungen, Zuschüsse für Frauenprojekte zu streichen, das Frauenreferat zuzumachen, sind wieder lauter geworden. Das haben wir zwar über die Jahre immer wieder erlebt, von unterschiedlichsten Seiten, aber jetzt kommt die Forderung mit Macht, und es ist ein bundesweiter Trend. Deshalb sage ich, es braucht das Frauenreferat mehr denn je.
Überrascht es Sie, dass dies auch in Frankfurt so stark zu spüren ist?
Auch in Frankfurt haben wir mittlerweile einen höheren Anteil an rechten Parteien. Und die Lebensschützer treten deutlich sichtbar auf. Wir sind in Frankfurt, trotz einer sehr engagierten Frauenbewegung nicht vor Rückschlägen gefeit. Allerdings hat sich auch schnell eine starke Gegenbewegung gebildet. Dennoch, die Positionen werden schärfer vorgetragen als vor einigen Jahren. Es gab sie sicher immer, aber es war nicht so deutlich.
Lässt Sie das nicht manches Mal resignieren und an Ihrer Arbeit zweifeln?