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Frankfurter Altstadt-Baustelle : Drei Millimeter sind okay

Vermessung unter Tage: Planungsdezernent Olaf Cunitz (Mitte) besucht den Trupp, der von Dieter Noll (rechts) geleitet wird und regelmäßig den U-Bahn-Tunnel unter der Altstadt-Baustelle kontrolliert.

Vermessung unter Tage: Planungsdezernent Olaf Cunitz (Mitte) besucht den Trupp, der von Dieter Noll (rechts) geleitet wird und regelmäßig den U-Bahn-Tunnel unter der Altstadt-Baustelle kontrolliert. Bild: Wresch, Jonas

Das Vermessungsamt prüft, ob sich das Gelände an der Altstadt-Baustelle hebt oder senkt - auch nachts im U-Bahn-Tunnel.

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          Die roten Schlusslichter sind für Dieter Noll und seinen Trupp das Signal. Es ist 1.08 Uhr, die letzte Bahn der U4 Richtung Bockenheimer Warte ist durch, und die Männer des Stadtvermessungsamts steigen an der Station Dom/Römer ins Gleisbett. Selbst wenn doch noch eine Bahn kommen sollte, kann eigentlich nichts passieren. Ganz vorn sichert einer mit Signalhorn und Warnlampe ab. Die VGF ist auch informiert, und links und rechts ist auf den breiten Kabelkanälen ohnehin genügend Platz, um sich im Notfall an die Wand zu drücken. Dann geht es auf dem knirschenden Schotter in die Dunkelheit.

          Rainer Schulze
          Redakteur in der Rhein-Main-Zeitung.

          Nur knapp zweieinhalb Stunden haben Truppführer Noll und seine Kollegen Zeit, um den Tunnel zu vermessen. Um halb vier, eine Viertelstunde bevor die erste Bahn fährt, müssen sie fertig sein. Es ist warm in dem U-Bahn-Schacht, die meisten tragen nur ein T-Shirt unter ihrer orangenen Warnweste. Alle zwei bis vier Wochen schieben sie hier eine Nachtschicht, um zu kontrollieren, ob sich der Tunnel hebt oder senkt. Denn nur ein paar Meter über der Tunneldecke wird die Altstadt gebaut.

          Ein Spielraum von nur drei Millimetern

          Dort oben ist es ganz still. Auf der Baustelle, die bis 2016 fertig sein soll, regt sich kein Lüftchen. Weil das Technische Rathaus, das hier mit seiner Tonnenlast ruhte, abgerissen wurde und auf der Tiefgarage nun ein Gegengewicht fehlt, müssen die Vermesser prüfen, ob es zu einem Auftrieb kommt. Hebt oder senkt sich nämlich das Gelände, könnten Gebäude Schaden nehmen, schlimmstenfalls könnte sogar der Tunnel einstürzen. In Köln, wo beim U-Bahn-Bau das Stadtarchiv einstürzte, wurde auf solche Untersuchungen verzichtet, sagt Rainer Müller-Jökel, der Leiter des Vermessungsamts. „Ein Drama wie dort wollen wir vermeiden.“

          Nicht ohne Grund hießen die einzelnen Türme des schweren Betonbauwerks im Volksmund auch Elefantenfüße. Als der rote Turm des Technischen Rathauses abgerissen wurde, hob sich das Gelände um 85 Millimeter. „Zum Glück nicht im U-Bahn-Tunnel, das wäre dramatisch“, meint Müller-Jökel. Dort sei nur ein Spielraum von drei Millimetern vertretbar. Inzwischen hat sich das Gelände durch den Baufortschritt ohnehin wieder gesenkt.

          Das Mainufer als „stabile Zone“

          Im Oktober 2009 wurde das Höhenniveau des U-Bahn-Tunnels erstmals gemessen. Schon zum 51. Mal sind die Männer vom Vermessungsamt nun unter Tage, um die Veränderung zu dokumentieren. „Geodätische Beweissicherungsmaßnahme“ heißt das Fachwort. Bis auf den Zehntelmillimeter genau messen die Geräte die Höhenverschiebung. 370Messpunkte wurden oberirdisch rund um das Dom-Römer-Areal zwischen Römerberg und Domstraße, Berliner-Straße und Saalgasse, markiert. Ihre Lage wird nun überprüft. Im U-Bahn-Tunnel sind es 350. Um die Position genau zu bestimmen, wurde eine „stabile Zone“ wie das Mainufer und die Sachsenhäuser Warte als Referenz gewählt. Von dort wird die Höhe übertragen. Sollte sich tatsächlich etwas verschieben, lassen sich die Werte so vergleichen.

          Die Messung selbst ist wenig spektakulär. Werner Heeg, ein Mann im blauen T-Shirt, hält eine Stange, auf der ein Strichcode markiert ist, lotrecht an den jeweiligen Messpunkt und gibt die Nummer durch. 136 zum Beispiel. Noll oder einer seiner Kollegen schaut durch das Nivellierinstrument, eine Art Kamera mit Stativ, das auf den Holzbohlen unter den U-Bahn-Schienen steht, und ruft knapp „ja“, wenn der Wert eingelesen ist. Dann geht es zum nächsten Punkt. Ob sich wirklich etwas verschoben hat, wird erst später ausgewertet. Ein paar Zehntelmillimeter sind aber kein Problem. „Wir messen nur, entscheiden tun andere“, sagt Heeg.

          Ungewöhnlicher Besuch im U-Bahn-Tunnel

          Normalerweise sind die Vermesser oberhalb des Erdbodens unterwegs. „Wir vermessen Straßen, Grundstücke, im Hochbau, eigentlich überall“, sagt Abteilungsleiter Joachim Kaiser. Freitag Nacht hatten seine Kollegen ungewöhnlichen Besuch. Planungsdezernent Olaf Cunitz (Die Grünen), der als Stadtrat auch für das Vermessungsamt zuständig ist, begutachtete die Arbeit im U-Bahn-Tunnel. Sonst sind die Abwechslungen anderer Art. Der Vermesser Heinz-Dieter Steinmetz hat im U-Bahn-Schacht schon einiges gefunden. Handys, Personalausweise, auch Geldbeutel. Vermutlich Diebesgut, das jemand während der Fahrt durchs Fenster geworfen hat. „Das bringen wir zur Fundstelle der VGF.“

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