Wie Kinder vor den Nazis nach Israel flohen
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Hat bis heute ihren israelischen Pass: Judith Labee ist 1939 aus Deutschland geflohen. Die Kinder- und Jugend-Alijah hat ihr wahrscheinlich das Leben gerettet. Bild: Rosa Burczyk
Vor 90 Jahren begann die Frau eines Rabbiners, jüdische Kinder außer Landes zu schmuggeln. Auch Judith Labee entging so einem grausamen Schicksal.
Dass etwas nicht stimmte, merkte Judith Labee an den Kindern. Plötzlich fehlten jeden Tag welche. Eine Diphtherie-Epidemie, vermutete die Erzieherin Rosa, und schickte ihre 14 Jahre alte Praktikantin Judith nach einer Woche mal ins Scheuenviertel, wo die Kinder lebten, die eigentlich den jüdischen Kindergarten in der Fehrbelliner Straße in Berlin besuchten. Als Judith dort ankam und herumfragte, hieß es: Die sind umgesiedelt. Sie war misstrauisch, und ihr Gefühl sollte sie nicht trügen: Die fehlenden Kinder gehörten zu den Juden, die schon von den Nationalsozialisten deportiert worden waren.
Das war 1939, Judith und ihre Familie waren ein paar Monate zuvor aus Schlesien nach Berlin gekommen. „In Schlesien konnte man gar nicht mehr leben“, sagt Judith Labee heute. Sie ist inzwischen 98 Jahre alt und lebt in der Henry und Emma Budge-Stiftung am Frankfurter Lohrberg. Damals, als jüdisches Mädchen, musste sie die Schule verlassen. Die Nürnberger Rassegesetze verlangten es so. Ihre Eltern hofften, dass es in Berlin besser wäre. „Aber man konnte gar nichts anfangen, überall stand schon: für Juden verboten“, erzählt Labee. Weil ihr langweilig war, suchte sie sich den Nebenjob im Kindergarten. Bis die Kinder begannen, zu verschwinden.
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