DGB-Neujahrsempfang : Im Zeichen des Wahlkampfs
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Kämpferisch: Brauerei-Delegation demonstriert auf der Bühne. Bild: Michael Braunschädel [F.A.Z.-Recht
Höhere Löhne, günstiger Wohnraum und Respekt für Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte. Das sind die Wünsche der Gewerkschaften an Politik und Gesellschaft.
Ein Saal in dem die 330 Stühle nicht ausreichten und die Begrüßung der Gäste fast anderthalb Stunden dauert, mach deutlich, dass das Bedürfnis, sich zum Jahresauftakt zu sehen und Wünsche auszutauschen groß ist. Und Wünsche gab es beim Neujahrsempfang des DGB im Frankfurter Gewerkschaftshaus jede Menge. Regional-Geschäftsführer Philipp Jacks flocht sie elegant in die Begrüßung der Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ein, ganz besonders gerichtet an die Kandidaten für den Frankfurter Oberbürgermeister-Posten.
Ganz besonders dürfte das den SPD-Kandidaten Mike Josef gefreut haben, denn Jacks hob gleich mehrfach hervor, wie wichtig der von diesem initiierte neue Stadtteil an der A5 sei, um den Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu beheben. Zugleich schlug er den Repräsentanten der Stadtpolitik vor, sich eine Beispiel an München zu nehmen und Wohnungen für Auszubildende zu schaffen und Unternehmen an den Kosten zu beteiligen: „Wer sich da verweigert, darf später nicht über Fachkräftemangel klagen“, so Jacks.
Mehr Kontrollen gegen Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung
Weiterhin verlangte er, dass die öffentliche Hand sich bei der Auftragsvergabe danach richten solle, wo Tariflöhne gezahlt würden und mit deutlich mehr Kontrollen gegen Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung insbesondere im Baugewerbe aber auch beispielsweise bei Reinigungsdiensten vorgehen solle. „Hier erwarte ich mehr Schwung“, so Jacks. Hierzu versprach Kämmerer Bastian Bergerhoff, der als Vertreter von Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Die Grünen) für die Stadt sprach, Abhilfe durch eine neue Kontrollstelle, die bei ihm angesiedelt werde.
Jacks forderte mit Blick auf anstehende Tarifverhandlungen zudem höhere Löhne, „damit die Menschen sich etwas leisten können und die Wirtschaft am laufen halten“ und wandte sich gegen die Zunahme von befristeten Arbeitsverhältnissen. Insbesondere appellierte er an die Politik, sich für den Erhalt der Binding-Brauerei einzusetzen, was Vertreter des Betriebsrats auf der Bühne mit Plakaten und „Binding bleib!“-Rufen unterstrichen. Als deren Vorsitzender forderte Christian Schipniewski am Rednerpult eine Rettung nach dem Vorbild der Höchster Porzellanmanufaktur: „Schließlich gibt es auch andere Brauereien in Landesbesitz“. In Frankfurt gelte es ebenso wie in Pfungstadt Grundstücksspekulation Einhalt zu gebieten.
Jacks, wie auch Hans-Jürgen Urban vom Vorstand der IG-Metall warnten zudem vor sozialer Spaltung, die durch prekäre Arbeitsverhältnisse und niedrige Löhne entstehe. Sie sei gefährlich für die Demokratie, weil sie den Nährboden für Rassismus und rechte Ideologie biete. Die aber gelte es zu schützen. Auch indem man Fehlverhalten von Polizisten ahnde. Sonst dürfe man sich nicht wundern, wenn der Respekt für das Gros der öffentliche Bediensteten, die anständig seien, fehle. Gegen die Gefährdung von Rettungskräften aber auch Mitarbeiter beispielsweise in Ausländerbehörden müsse entschieden vorgegangen werden und es brauche Konzepte für Jugendarbeit. Vor allem aber, wie immer wieder hervorgehoben wurde, mehr soziale Gerechtigkeit. Urban nannte hier auch die Rückführung von privatisierten Aufgaben in die öffentliche Hand, höhere Vermögens- und Erbschaftssteuern und die Bedingung für Staatshilfen an Unternehmen daran, dass keine Dividenden und Boni gezahlt würden.
So manche dieser Forderungen wurden von den Repräsentanten der Wirtschaft und der Politik nicht beklatscht. In den Sprechchor „Binding bleibt!“ stimmte aber sogar der CDU-Kandidat Uwe Becker ein.