OB-Wahl in Frankfurt : Der halbe Römer ruft „Mike, Mike, Mike“
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Knapper Sieg: Mike Josef bei der SPD-Wahlparty Bild: Lucas Bäuml
Mike Josef ist am Ziel. Er betont, dass er Oberbürgermeister der ganzen Stadt sein will. „Wir schlagen ein neues Kapitel auf.“
Um 19.41 Uhr ist sicher: Das reicht. Mike Josef ist uneinholbar weit vorn, Uwe Becker kann ihn nicht mehr einholen. Josef kommt die lange Treppe im Rathaus Römer herauf, Hand in Hand mit seiner Frau, oben auf dem Treppenabsatz verschwindet er in Umarmungen. Seine Anhänger rufen immer wieder rhythmisch seinen Namen: „Mike, Mike, Mike, Mike!“
Dann tritt er vor die Kameras und Mikrofone: Er sei überwältigt, sagt er, empfinde große Dankbarkeit gegenüber der Stadt. „Ich will der Oberbürgermeister aller Frankfurter sein und werde Brücken bauen. Es ist eine Ehre, die Verantwortung übertragen zu bekommen. Ich werde mit Demut damit umgehen.“ Dann bedankt er sich bei Becker für einen fairen Wahlkampf.
Geburtstag des Sohnes gefeiert
Der Wahlsonntag war für Josef in gespannter Erwartung verlaufen. Freunde kamen zu Besuch. Um 12 Uhr gab er seine Stimme im Nieselregen in der Kirchnerschule in Bornheim ab, danach wurde der vierte Geburtstag des jüngsten Sohnes endlich nachgefeiert. Und dann musste er auch schon langsam in den Römer aufbrechen.
Dort wird er schon sehnsüchtig von seinen Anhängern erwartet. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Armand Zorn hatte schon um 19.28 Uhr ausgerechnet, dass Josef der Sieg statistisch nicht mehr zu nehmen war. Die SPD sei von einer „schwierigen Basis“ aus in den Wahlkampf gestartet. Doch Josef sei der richtige Kandidat gewesen: glaubwürdig, integer, mit den richtigen Inhalten. „Als Person passt er zu dieser Stadt.“ Auch für die Außenwirkung Frankfurts sei der Wahlsieg wichtig, denn er zeige: „Wir sind eine progressive Stadt.“
Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD) betont noch einen anderen Aspekt: „Frankfurt hat einen ehemaligen Flüchtling als Oberbürgermeister.“ Den Migrationshintergrund teile er mit 53 Prozent der Frankfurter: „Er repräsentiert die Mitte der Stadt. Wir sind eine moderne, vielfältige und junge Stadt.“ Josef will seine Herkunft nicht so stark betonen. Natürlich sei ihm bewusst, welchen Werdegang er genommen habe, sagt er noch am Wahlabend. Aber er wolle alle Frankfurter vertreten und nicht nur einen Teil der Gesellschaft.
Kein Feldmann-Erbe
Erleichtert sind auch die Koalitionspartner im Römer. „Die Frankfurterinnen und Frankfurter haben einen Kandidaten gewählt, der für eine moderne Großstadtpolitik steht“, sagt Mobilitätsdezernent Stefan Majer (Die Grünen). Und die Parteivorsitzende Julia Frank meint, es werde nun einfacher mit einem Oberbürgermeister, der der Koalition angehöre. „Wir werden ihn an seinen Taten messen, insbesondere in der Verkehrspolitik.“
Offenbar sahen die Wähler in Josef keinen Feldmann-Erben. Er war früh auf Distanz gegangen und hatte sich für die Abwahl des Amtsvorgängers eingesetzt. Dass der Skandal um die Arbeiterwohlfahrt die Stadt ausgerechnet vor der Wahl wieder einholte, kam für ihn zwar zur Unzeit. Die Anklage gegen den früheren Hauptamtsleiter Akman bestimmte die letzten Wahlkampfwochen. Josef trat die Flucht nach vorne an, warb für eine Aufklärung und Umstrukturierung der Behörde. Offenbar die richtige Strategie. Am Wahlabend nahm er auch indirekt darauf Bezug: „Das alte Kapitel ist abgeschlossen, wir werden nun ein neues aufschlagen.“