„Social Days“ : Wenn der Manager zum Gärtner wird
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Pflastermalerei: Ein Mitarbeiter der Commerzbank gestaltet den Pausenhof der Fridtjof-Nansen-Schule. Bild: Lena Grimm
„Social Days“ haben sich in vielen Unternehmen etabliert. Der freiwillige Einsatz von Mitarbeitern soll nicht nur sanierungsbedürftigen Schulen oder Kindergärten dienen, sondern auch der Personalentwicklung.
Die Fridtjof-Nansen-Schule ist nicht wiederzuerkennen. Das liegt an den Nachwuchskräften der Commerzbank. Rund 250 von ihnen sind in den Frankfurter Stadtteil Nied gekommen, haben zu Pinsel, Hammer und Spaten gegriffen und die Grundschule zwei Tage lang verschönert. Schulleiterin Huberta Helffenstein bezeichnet das Engagement der jungen Bankmitarbeiter als „Glücksfall für die Schule“. Für Commerzbank-Personalvorstand Ulrich Sieber profitieren beiden Seiten von solchen Aktionen: Die Schüler erhielten ein ansprechendes Schulgebäude, und die Bankmitarbeiter lernten, gemeinsam neue Aufgaben zu meistern.
Der freiwillige Einsatz für gemeinnützige Zwecke – in der Managementsprache „Corporate Volunteering“ – ist vielerorts Teil der Unternehmenskultur geworden. Die Betriebe geben ihren Mitarbeitern einen Tag frei, damit sie sich für den guten Zweck engagieren. Eine der größten Initiativen auf diesem Gebiet ist der „Social Day“ des Malteser Hilfsdienstes, der kürzlich an zehn Orten in Deutschland stattfand. Seinen Ursprung hat der Freiwilligentag in Frankfurt, wo die Malteser ihn schon zum achten Mal organisiert haben.
Hilfsdienst bringt Angebot und Nachfrage zusammen
Nach Angaben des Hilfsdienstes ist die Zahl der beteiligten Unternehmen in diesem Jahr von 21 auf 40 gestiegen. Die Mitarbeiter engagierten sich für 82 Projekte in 60 sozialen Einrichtungen. So machten Angestellte der Credit Suisse mit Bewohnern des Franziskushauses einen Ausflug in einen Freizeitpark, Kräfte der Xchanging Bank strichen ein Lehrerzimmer an der Ludwig-Richter-Schule und ein Team von Vodafone verschönerte einen Garten für das Kinder- und Jugendbüro der Wicherngemeinde. Insgesamt waren rund 550 freiwillige Helfer in Schulen, Kindergärten, Horten, Jugendzentren oder Altersheimen aktiv.
Wie Annette Lehmann von den Maltesern sagt, sieht sich der Hilfsdienst als Mittler zwischen Betrieben und sozialen Einrichtungen. Beide Seiten könnten sich an die Malteser wenden, um ihr Interesse am „Social Day“ und an einer bestimmten Leistung anzumelden. Der Hilfsdienst sorge dann dafür, dass Angebot und Nachfrage zusammenfänden. Außerdem helfe ein Team von 30 Ehrenamtlichen bei der Organisation des Einsatzes. Unter den Malteser-Kräften seien auch solche mit handwerklichen Kenntnissen, die den Freiwilligen zeigten, wie man Farbe anrühre oder ein Blumenbeet anlege.
Soziale Kompetenz werde gefordert
Für die Firmen ist das karitative Engagement nicht billig. Sie zahlen ihren Angestellten am „Social Day“ das reguläre Gehalt, auch wenn es sich um hochqualifizierte Kräfte handelt, die an diesem Tag vergleichsweise einfache Arbeiten erledigen. Die Mitarbeiter selbst haben zwar keine finanziellen Einbußen und müssen auch keinen Urlaub nehmen, doch auch sie bringen ihren Einsatz, denn ihre eigentliche Arbeit bleibt liegen und muss später erledigt werden.
Trotzdem zögen Betriebe und Mitarbeiter ihren Nutzen aus einem „Social Day“, sagt Lehmann. Die gemeinnützige wie auch gemeinsame Aktivität fördere die soziale Kompetenz. Außerdem sähen viele Unternehmen darin ein Mittel zur Team-Bildung. „Man lernt sich besser kennen und auf eine andere Art zu schätzen“, sagt Lehmann.
„Das Schöne daran ist auch, dass man vom Schreibtisch wegkommt“
Dass hinter „Corporate Volunteering“ nicht nur altruistische, sondern auch betriebswirtschaftliche Motive stehen, ist im Personalwesen kein Geheimnis. So listet eine Untersuchung an der Universität Lüneburg die ökonomischen Argumente für diese Art des gesellschaftlichen Engagements auf. Gerade Führungskräfte müssten heute über fach- und funktionsübergreifende Qualifikationen verfügen. Wesentlich seien dabei methodische, soziale und emotionale Kompetenz. Diese Schlüsselqualifikationen seien aber nur sehr begrenzt erlernbar, sie müssten erfahren werden. Hierfür sei das „Corporate Volunteering“ geradezu ideal, weil es einen Perspektivwechsel erlaube und die Mitarbeiter Erfahrungen in anderen Lebens- und Arbeitswelten sammeln könnten.
Die beteiligten Unternehmen bestätigen diese Einschätzung. „Corporate Volunteering“ gehe über andere karitative Betätigungen wie etwa Spendensammeln hinaus, sagt Laura Bastine, zuständig für „Corporate Responsibility“ bei der Deutschen Börse. Ihr Unternehmen ist einer der wichtigsten Unterstützer des „Social Day“ der Malteser. Jedes Jahr nehmen 40 bis 50 Mitarbeiter der Börse an dem Freiwilligentag teil. „Das Schöne daran ist auch, dass man vom Schreibtisch wegkommt und ein Austausch stattfindet“, sagt Bastine.
Nicht nur Das-Unternehmen sind engagiert
Das „Corporate Volunteering“ hat sich längst nicht nur in Dax-Unternehmen wie der Commerzbank oder der Börse, sondern auch in mittleren und kleinen Firmen etabliert. Die Frankfurter Niederlassung der internationalen Anwaltssozietät Ashurst beteiligt sich schon seit 2005 am „Social Day“ der Malteser. Wie Partnerin Anne Force sagt, soll das soziale Engagement die Identität der Sozietät nach innen und außen stärken. Verantwortungsvolles Handeln gegenüber der Gesellschaft mache ihr Unternehmen zu einer besseren Kanzlei und einem besseren Arbeitgeber.
Seit drei Jahren hat sich Ashurst beim Freiwilligen-Einsatz auf Bewerbertraining spezialisiert. Mitarbeiter der Personalabteilung üben im Jugendclub Griesheim mit Jugendlichen, wie man sich um eine Stelle bewirbt und beim potentiellen Chef einen guten Eindruck hinterlässt. Gut vorstellbar, dass bei einem Bewerbungsgespräch auch betriebliche Aktivitäten wie ein „Social Day“ zur Sprache kommen. Dann dürfte es für den Kandidaten kein Nachteil sein, wenn er Interesse an sozialem Engagement bekundet.