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Rassistische Begriffe : Von N-, M- und K-Wörtern

  • -Aktualisiert am

Das Herz im politischen Frankfurt: die Stadtverordnetenversammlung Bild: Frank Röth

Die Frankfurter Stadtverordneten streiten über die Ächtung rassistischer Begriffe. Die Koalition ist uneins.

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          Was hätte bloß Mirrianne Mahn gesagt? Doch die Kommunalpolitikerin der Grünen war der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag ferngeblieben. So oblag es anderen, den ursprünglich aus ihrer Feder stammenden Antrag zur Ächtung rassistischer Begriffe vorzustellen, der nach der Ablehnung durch den Koalitionspartner FDP wohl sonst tief in der Versenkung verschwunden wäre. Mit Nico Wehnemann von der „Fraktion“ hatte sich jemand gefunden, der die Steilvorlage genussvoll ausspielte – und für eine lebhafte Debatte und namentliche Abstimmung zur Zurückstellung sorgte. Sehr zum Zähneknirschen der Grünen.

          In dem Antrag NR 198 forderte die „Fraktion“ die Ächtung der als rassistisch empfundenen Begriffe „Neger“ und „Mohr“, die hier einmal ausnahmsweise ausgeschrieben gehören, um alle Unklarheiten zu beseitigen. In dem Antrag findet sich dazu nur eine explizite Fußnote, im Text selbst sind die Begriffe als „N*Wort“ und „M*Wort“ verklausuliert. Für den FDP-Fraktionschef Yanki Pürsün ist das Ansinnen der Ächtung zweier Wörter praktisch ohne Wirkung: „Ändert das wirklich etwas an der Lebenswirklichkeit diskriminierter Menschen?“

          Die Koalition, zu der neben der FDP und den Grünen noch die SPD und Volt gehören, soll nun einen umfassenderen Antidiskriminierungsantrag ausarbeiten. Das hatte auch der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dimitrios Bakakis zum Schluss der Debatte angekündigt. Die war harscher geworden, nachdem es der AfD-Stadtverordnete Markus Fuchs gewagt hatte, das N-Wort auszuformulieren – und die ÖkoLinX-Stadtverordnete Jutta Ditfurth dessen Parteigänger als „Nazis“ beschimpft hatte. Fuchs bezeichnete es als „magisches Denken“ und „infantil“, die Wörter nicht einmal im Kontext einer politischen Debatte auszusprechen.

          Ditfurth war in ihrer Rede bei diesem emotionalisierenden Thema um Sachlichkeit bemüht: Sie versuchte, die rassistische Herkunft der beiden Wörter historisch zu belegen: „Beide Begriffe gehören geächtet.“ Es gehe um „die Biologisierung der vermeintlichen Minderwertigkeit, um Menschen zu beherrschen“. Ähnlich argumentierte Michael Müller von der Linkspartei, der sich gegen die Behauptung zur Wehr setzte, das N-Wort sei neutral. Das verkenne „ihren geschichtlichen Hintergrund und die Bedeutung von Sprache“.

          Schärfe brachte die Rede des BFF-BIG-Stadtverordneten Haluk Yildiz in die Debatte, der darlegte, dass sich diskriminierte Menschen mit der „Ächtung der Worte“ nichts kaufen könnten. Als er die angebliche Diskriminierung von Deutschen als „Kartoffel“ thematisierte und fragte, ob das „K-Wort“ nun auch verboten gehörte, erntete er erboste Zwischenrufe. „Das ist eine Schande, was ich hier gehört habe“, sagte Jumas Medoff von der Kommunalen Ausländervertretung.

          Die Grünen hatten sich bis dato herausgehalten, bis sich Bakakis Luft machte: „Geht es dir darum, uns zu spalten?“, fragte er an die Adresse Wehnemanns. Das würde nicht gelingen. Was nur bedingt stimmt: Denn bereits am Mittwoch hatte die Partei Volt, die bekanntermaßen an der Koalition beteiligt ist, eine Mitteilung verschickt: „Dieses Aufschieben des Antrags ist sehr verletzend für Schwarze Menschen“, heißt es. Die Koalition müsse zeigen, dass sie den Kampf gegen Rassismus ernst meine.

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