Seelsorge auf Schienen
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Zugbegleiter mit Kollarkragen: Olaf Lindenberg redet gerne über Gott und die Welt. Bild: Helmut Fricke
Wenn die Menschen nicht in die Kirche kommen, kommt die Kirche eben zu ihnen: Pfarrer Olaf Lindenberg bietet Pendlern Bahngespräche an – und ist auch online präsent.
Olaf Lindenberg würde niemals auf die Idee kommen, einen Rucksack vom Sitz zu nehmen. Rucksäcke können Mauern sein. Sie sollen die Außenwelt ausschließen. Genauso wie Kopfhörer und Bücher. Lindenberg kennt die ungeschriebenen Gesetze des Zugfahrens. Ein Buch vor der Nase, Kopfhörer auf den Ohren, ein Rucksack auf dem Nebensitz – das alles signalisiert: „Bitte nicht ansprechen.“ Lindenberg ist Pfarrer. Er respektiert diese Mauern, will sich nicht aufdrängen. Er möchte den Menschen lieber ein Angebot machen. Während der Fastenzeit bietet er Zugpendlern einmal in der Woche an, mit ihm über Gott und die Welt ins Gespräch zu kommen. Seelsorge auf Schienen. Immer dienstags steigt er um sieben Uhr morgens in Limburg in die Regionalbahn nach Frankfurt, nachmittags um 17 Uhr geht es wieder zurück.
Er reiht sich dann ein in den Pulk der Berufspendler, setzt sich immer ins hinterste Zugabteil. Seinen Kollarkragen trägt er für alle gut sichtbar. Alles an ihm signalisiert Gesprächsbereitschaft. Der 52 Jahre alte Pfarrer wartet einfach ab, was passiert. Und meist, sagt er, passiere viel. Bisher sei er nie lange alleine geblieben. Es hätten sich Menschen zu ihm gesetzt, die „alles gefragt haben, was sie jemals einen Pfarrer fragen wollten“, Menschen, die mit ihm über das Leben reden wollten, oder eben über seinen Fastenblog. Den betreibt der Pfarrer nämlich seit Aschermittwoch unter www.andersbeten.blog.
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