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Nisthilfen und Wildkräuter : Wie ein insektenfreundlicher Garten aussieht

Einladung an Insekten: Palmengartendirektorin Katja Heubach präsentiert eine neue Nistwand für die unterschiedlichen Bienenarten. Bild: Lucas Bäuml

Der Schaugarten im Frankfurter Palmengarten will anschaulich aufzeigen, wie die Zusammenhänge sind zwischen Blüten und Bestäubern. Oder wie Stadträtin Heilig es pointiert sagt: „Ohne Bienen kein Äppler“.

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          Irgendwo hier hat Goethes Mutter Äpfel geerntet. Deshalb hatte der Palmengarten schon im Goethejahr 1999 einen Goethe-Garten zwischen dem Tropicarium und dem Subantarktishaus angelegt: mit alten Apfelsorten wie der Goldparmäne. Hinter den Apfelbäumen prangen jetzt vier gelbe Tafeln, drei davon integriert in eine vier Meter lange Insekten-Nistwand aus den Werkstätten des Palmengartens mit begrüntem Dach. Gelb ist die Farbe des Palmengarten-Leitthemas „Blüten- und Bestäuberökologie“ mit dem ersten Modul Schmetterlingshaus und dem jetzt umgestalteten Goethe-Garten. Dieses zweite Element ist Teil des Forschungsprojekts „Städtische Lebensstile und die Inwertsetzung der Biodiversität“ (SLInBio) am Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE). Zu den Kooperationspartnern gehört neben dem Palmengarten auch das Senckenberg-Institut.

          Claudia Schülke
          Freie Autorin in der Rhein-Main-Zeitung.

          Noch ist nichts zu sehen von Blutrotem Storchenschnabel, Kugel-Lauch oder Kriechendem Hauhechel in den sechs Hochbeeten, darunter ein „Sandarium“ für Sandbienen. Doch das neuen Insektenparadies kündigte sich vorsichtig an. „Die ersten Tiere sind schon unterwegs“, sagte Umwelt- und Klimadezernentin Rosemarie Heilig, und wie gerufen kam eine Honigbiene vom Botanischen Garten herüber und setzte sich auf die Maske am Arm einer Zuhörerin. „Ohne Bienen kein Äppler“, so die Grünen-Politikerin. Ohne Bestäubung keine Apfelernte. Palmengartendirektorin Katja Heubach spricht von einem „Praxisprojekt“ zum Verhalten der Stadtbürger im Kontext des Artenschwunds und der Artenvielfalt: „Uns geht es nicht nur um Schönheit.“

          Körperbau der Wildbienen

          Für Honigbienen ist diese Nistwand allerdings nicht gemacht. Das wissen die Projektleiter Kerstin Reifenrath, Biologin und Abteilungsleiterin der Pädagogik im Palmengarten, und der Botaniker Torsten Collet. Die Niströhren aus Bambus, Schilf und markhaltigem Holunder sollen solitären Bienen zur Fortpflanzung dienen. Allerdings ist der Durchmesser für die meisten Röhren zu groß. Die Löcher in den angebohrten Harthölzern, die darunter liegen, passen dagegen besser zum zarten Körperbau der Wildbienen, von denen es bis zu 570 Arten in Deutschland gibt, etwa Mauerbienen und Pelzbienen. Die freien Holzfächer unter der Nistwand sollen der Grünen Schule des Palmengartens für pädagogische Angebote dienen. Denn hier sollen die Besucher lernen, wie sie Insekten in ihre Gärten, auf ihre Terrassen, Balkone und Fensterbretter locken können.

          Um dem Insektensterben Einhalt zu gebieten, muss man vor allem die ökologischen Zusammenhänge zwischen Blütenpflanzen und Insekten kennen. Dar­über klären die gelben Informationstafeln auf. Etwa über das Ökosystem „Streuobstwiese“ wie am Berger Hang. Einen Schachbrettfalter, wie abgebildet, kann man auch nebenan im Botanischen Garten sehen, wenn er im Spätsommer am Heilziest nascht, einer Pflanze, die auf jeden Balkon passt.

          Duftnesseln und Ähriger Ehrenpreis

          Über die „Vielfalt der Bienen“ und „Nisthilfen für Wildbienen“ klären weitere Tafeln auf. Dabei sollte man bedenken, dass markhaltige Zweige nicht waagerecht wie hier, sondern senkrecht angebracht werden sollten. Wie sollte also ein „Balkon für Insekten“ aussehen? Auf der vierten Tafel klettert eine Erdhummel über eine Ysop-Blüte. Duftnesseln und Ährigen Ehrenpreis würde sie auch nicht verschmähen.

          Bald fliegen die ersten Hummelköniginnen dicht über den Boden, um einen Nistplatz für ihren neu zu gründenden Staat zu finden. Sie freuen sich über Geflecktes Lungenkraut. Aber hat der Palmengarten auch verlassene Wühlmausnester für die Hummeln zu bieten? Denn 75 Prozent der Wildbienen, zu denen auch die Hummeln gehören, nisten nicht in hohlen Pflanzenstängeln, sondern im Boden. „Im Goethe-Garten erfahren unsere Gäste, was Insekten brauchen, um sich wohlzufühlen,“, so Heubach. Führungen zum Thema und Kulturprogramme sollen hier auch stattfinden. Wenn seine alten Apfelbäume blühen, können die so sensibilisierten Besucher selbst sehen, dass es keinen Apfelwein ohne Bestäuber gibt.

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