Oberbürgermeister-Wahl : Wo Frankfurt steht
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Beeindruckender Anblick: Die Frankfurter Skyline. Bild: Lucas Bäuml
Der künftige Frankfurter Oberbürgermeister wird den Entscheidungsstau auflösen und der Stadt die Richtung weisen müssen. Ein kommunalpolitischer Situationsbericht zur Stichwahl am Sonntag.
Frankfurt, die globale Stadt. Die Wirtschaftsmetropole. Der Ort, an dem die großen Debatten früher geführt werden als überall sonst. Dessen kulturelles Leben hell und weit hinaus ins Land strahlt. Frankfurt, gastfreundliche, offene Stadt, in der manche Touristen zum ersten Mal europäischen Boden betreten, in der sich Zuwanderer, ob aus Essen oder Eritrea, schneller einleben als anderswo. Frankfurt: Boomtown, schnell, hart und doch mit Sozialeinrichtungen, die ihresgleichen suchen, und liebenswert in seinen Vierteln. So sieht man sich seit Langem in der kleinen Metropole am Main, möchte man in der Welt gesehen werden. Aber ist das noch die Wirklichkeit?
Schön wäre es. Die ernüchternde Erkenntnis ist jedoch: Das Bild von Frankfurt, wie es sich über Generationen geformt hat, ist verrutscht. Gastfreundlich? Besser nicht, wenn die Gäste am Hauptbahnhof ankommen und sich womöglich im völlig entglittenen Bahnhofsviertel gegenüber wiederfinden. Oder überall in der Stadt Dreck auf den Straßen und Wegen erblicken. Liebenswert in seinen Vierteln? Ja, schon. Aber das Leben ist teuer geworden in Frankfurt, das Wohnen vor allem, und der Konflikt zwischen denen, die schon länger hier leben, und denen, die herziehen könnten, geht nicht immer gut aus, wie sich am Scheitern der Günthersburghöfe zeigt, die den Zuzug erleichtert hätten.
Irrtümer bei Paulskirchenjury
Und führend in den Debatten? Gegenwärtig gelingt es der Stadtregierung nicht einmal, ohne Pleiten, Pech und Pannen eine Jury für einen neuen europäischen Demokratiepreis zusammenzustellen, auch wenn man natürlich sehr wohl schon weiß, dass er dereinst im Ansehen mit dem des Aachener Karlspreises wetteifern soll. Kleine Brötchen, das immerhin ist geblieben, werden in Frankfurt nach wie vor nicht gebacken.
Die Irrtümer bei der Besetzung des Kuratoriums sprechen Bände. Statt ranghoher Namen wurden Kommunalpolitiker in großer Zahl ausgewählt. Eine Überraschung ist das nicht. Spätestens mit dem vor zwei Jahren begründeten Bündnis aus Grünen, SPD, FDP und der jungen Partei Volt in der Stadtverordnetenversammlung hat sich die Politik mehr als je zuvor nach innen gerichtet. Mit Hingabe wird überlegt, auf welchen Parkplätzen am Oeder Weg im Nordend harte Holzliegen aufgestellt werden können oder wie sich der auch gegenwärtig durchaus ansehnliche Schweizer Platz in Sachsenhausen neuerlich umgestalten lässt. Völlig aus dem Blick geraten ist dafür, wie Frankfurt im Wettbewerb der Metropolen standhalten, womöglich seine Position verbessern kann, um den Wohlstand zu sichern.
Entscheidungsstau im Römer
Doch das größte Problem ist nicht einmal, dass sich die Kommunalpolitik im Klein-Klein verliert. Sondern dass der Entscheidungsstau im Römer immer größer wird. Noch immer ist die Perspektive für die Europäische Schule nicht vollends geklärt. Seit zwei Jahrzehnten wird über eine Multifunktionshalle debattiert. Die Sanierung der Paulskirche ist natürlich nicht zum 175-Jahre-Jubiläum im Mai dieses Jahres gelungen, sie hat nicht einmal begonnen. Für die Verkehrspolitik fehlt es an einem modernen Konzept, das allen Verkehrsbedürfnissen gerecht wird, auch denen der Pendler, die einen guten Teil zur Frankfurter Wirtschaftsleistung beitragen. Selbst in der Umweltpolitik, die doch dem Viererbündnis so wichtig ist, wird man nach einem roten Faden nach Tatkraft lange suchen.