OB-Kandidaten am Wahlabend : Ein Vorsprung mit Risiko
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Sie haben Grund zu feiern: Ministerpräsident Boris Rhein stößt mit Uwe Becker und dessen Frau Kerstin an. Bild: Frank Rumpenhorst
Freud und Leid, Sieg und Niederlage liegen am Wahlabend im Frankfurter Römer teils dicht beieinander. Die großen Parteien feiern trotz allem ihre OB-Kandidaten. Wer in der Stichwahl siegt, ist alles andere als ausgemacht.
Als Uwe Becker um 19.15 Uhr in Begleitung seiner Frau in den Römer kommt, trifft er Parteifreunde mit strahlenden Gesichtern. Der Trend ist stabil, der CDU-Kandidat liegt deutlich vorne. „Endlich mal wieder ein gutes Ergebnis“, sagt die ehemalige Stadträtin Albina Nazarenus-Vetter. Tatsächlich hatte die CDU in den vergangenen Jahren nicht viel zu feiern, 2021 war das Ergebnis bei Kommunal- und Bundestagswahl nicht berauschend. „Alle, die die CDU schon abgeschrieben haben, wurden eines Besseren belehrt“, sagt Ministerpräsident Boris Rhein, der sich diesen Moment des Triumphs nicht entgehen lässt. „Die CDU kann Großstadt.“
Becker selbst kommentiert das Ergebnis so: „Die Frankfurter wollen einen echten Neuanfang. Und sie wollen, dass diese Stadt geführt und der Stillstand in der Kommunalpolitik überwunden wird.“ Vor der anstehenden Stichwahl wolle er die „wichtigen Zukunftsthemen“ ansprechen – und deutet an, wie er Wähler jenseits des CDU-Klientels erreichen will. „Bis 2030 soll sich Frankfurt komplett aus erneuerbaren Energien versorgen können.“
Becker trägt Krawatte – womit Petra Roth sehr zufrieden ist. Schließlich soll er als seriöser und zuverlässiger Kandidat erscheinen. „Ich bin froh, dass nach elf Jahren wieder ein CDU-Kandidat als Sieger in eine Stichwahl geht“, sagt die frühere Oberbürgermeisterin, die im Hintergrund immer noch als Ratgeberin aktiv ist. „Das mobilisiert auch die Partei.“ Sie ist überzeugt, dass Becker als Oberbürgermeister auch gut mit einer politisch anders ausgerichteten Koalition im Römer zusammenarbeiten könnte. Sie habe das nach ihrer ersten Wahl 1995 selbst erlebt. „Es hat ein halbes Jahr gedauert, dann hat mir die SPD die Zusammenarbeit angeboten.“ Und auch für die Stichwahl, aus der sie selbst 2001 als Siegerin hervorgegangen ist, hat sie einen Rat parat: „Uwe Becker muss jetzt weiter zulegen und versuchen, noch mehr Menschen direkt zu erreichen“, spricht sie aus Erfahrung.
Eine ganz andere Erfahrung hat Boris Rhein gemacht. 2012 verlor er trotz eines Vorsprungs in der ersten Runde die Stichwahl gegen Peter Feldmann. Er ist aber überzeugt, dass es Uwe Becker gegen den SPD-Konkurrenten Mike Josef schaffen wird. „Wir haben eine andere Situation als vor elf Jahren“, sagt er. „Der Vorsprung ist deutlich größer, als es bei mir der Fall war.“ Gerade darin sieht die frühere Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld ein Risiko. „Wir müssen unsere Wähler davon überzeugen, dass die Wahl noch nicht gelaufen ist.“
Einig sind sich die meisten CDU-Politiker darin, dass der positive Bundestrend der CDU dem Kandidaten zwar genutzt habe, aber nicht ausschlaggebend gewesen sei. „Das war ein Votum für Uwe Becker“, sagt Finanzminister Michael Boddenberg. „Die CDU hat den richtigen Kandidaten aufgestellt.“ (bie.)