97 Prozent für Josef : Ein Parteitag voller Überraschungen
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Siegerpose: Mike Josef freut sich über die Unterstützung. Bild: Hannes P. Albert
Mit einem erstaunlichen Ergebnis schickt die Frankfurter SPD Mike Josef ins Rennen um das Oberbürgermeisteramt. Auch sonst gibt es auf dem Parteitag einige Überraschungen.
Dieser Parteitag steckt voller Überraschungen. Das beginnt beim Ergebnis: 96,9 Prozent der SPD-Delegierten, die am Samstag in die Sporthalle von Eintracht Frankfurt nach Seckbach gekommen sind, wollen den Sport- und Planungsdezernenten Mike Josef ins Rennen um das Oberbürgermeisteramt schicken. Damit war kaum zu rechnen, denn es hatte in der Partei auch Stimmen gegeben, die das bisherige Stadtoberhaupt Peter Feldmann lieber gar nicht oder zumindest anders losgeworden wären als durch eine Abwahl. Die Geschlossenheit, mit der die SPD mit Josef in den Wahlkampf zieht, erstaunt.
Ohnehin, und das ist die zweite Überraschung, taucht der Name Feldmann in vier Stunden nur ein Mal auf, und zwar in einem Nebensatz der Fraktionsvorsitzenden Ursula Busch. Aber sonst: Nicht ein Verweis, die SPD schaut demonstrativ nach vorne.
Videobotschaft vom Kanzler
Die dritte Überraschung ist die bundespolitische Prominenz: Das beginnt mit einem Videogruß von Bundeskanzler Olaf Scholz, der Frankfurt als erfolgreiche, moderne und soziale Stadt beschreibt, die von der SPD geführt werden müsse. Josef stehe für einen „Neustart“ im Rathaus: „Mike weiß, wo er anpacken muss. Er brennt für diese Aufgabe.“
Dann tritt Generalsekretär Kevin Kühnert auf, der eigens aus Berlin angereist ist und rhetorisch alle anderen blass aussehen lässt. Er erzählt „die Geschichte einer Partei“ (natürlich der SPD), die gegen alle Erwartungen die Bundestagswahl gewonnen habe, weil sie über die besten Argumente verfüge, und schlägt einen Spannungsbogen bis zur Oberbürgermeisterwahl. Denn von den von der SPD im Bund eingefädelten Wohltaten – Anhebung von Mindestlohn, Wohn- und Kindergeld – profitierten auch Tausende Frankfurter. Josef sei der richtige Mann, sagt Kühnert und peitscht die Partei in den Wahlkampf.
Thema Bahnhofsviertel
Dramaturgisch klug ist es, den Generalsekretär ans Ende zu setzen. Denn auch Josef, der keine schlechte Rede hält, bleibt hinter dessen Auftritt zurück. Josef hat nicht nur seine Frau Chris mitgebracht, sondern auch einige Lokalprominenz, etwa den Betreiber des Kiosks „Yok Yok“ im Bahnhofsviertel. Dort will er „genau hinschauen“, Hilfen ausbauen und Kriminalität eindämmen.
Josef wird erstaunlich konkret: Er will, nach Münchener Vorbild, für Berufsgruppen wie Erzieher einen Frankfurt-Bonus einführen, damit sie sich das Leben in der Großstadt noch leisten können. Er will die Mittel für den geförderten Wohnungsbau verdoppeln und den Erbpachtzins auf 1,5 Prozent senken. Das 365-Euro-Ticket, das für Schüler und Senioren gilt, will er allen Frankfurtern anbieten und die Lücke auf der U4-Strecke schließen.
Sozialer Schwerpunkt
Sein Programm umreißt Josef mit vier Schwerpunkten. Er will die wirtschaftliche Stabilität erhalten, als Grundlage für soziale Politik. Die „Frankfurter Mischung“ der Bevölkerung will er stärken, damit sich alle das Leben in Frankfurt leisten können. Als Drittes nennt Josef den Klimaschutz, der nicht zulasten des Mieterschutzes gehen soll. Sein viertes Thema lautet „Bewegung und Begegnung“ durch Sport und Kultur. Der freie Eintritt für Kinder in Bäder und Museen soll bleiben.
Den Angriff auf die politischen Gegner übernehmen andere: Der Parteivorsitzende Kolja Müller meint, man müsse es sich leisten können, Schwarz oder Grün zu wählen. Busch hält den Grünen vor, ihre Kandidatin schwebe von außen ein. Der Bundestagsabgeordnete Kaweh Mansoori spottet über den CDU-Bewerber, in der dynamischsten Stadt Deutschlands reiche es nicht aus, ein „seriöser Typ“ zu sein. Die zweite Parteivorsitzende Ina Hartwig hält Josef für „den richtigen Kandidaten zur richtigen Zeit“: „Mike hat das Gesicht, das Frankfurt heute braucht.“ Am 5. März entscheiden die Wähler, ob sie das auch so sehen.