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Polizei widerspricht Eindruck : Wird die Zeil nachts zur „No-go-Area“?

Noch immer ist laut Polizei unklar, wie genau sich der Übergriff auf das 20 Jahre alte Opfer auf der Frankfurter Zeil ereignet hat. (Symbolbild) Bild: Fabian Fiechter

Nach dem Angriff auf eine transsexuelle Person auf der Frankfurter Zeil werden Videos ausgewertet. Der Tatverdächtige ist als Gewalttäter bekannt. Von einer Zunahme von Straftaten auf der Einkaufsmeile will die Polizei nicht sprechen.

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          Die Aufklärung eines Angriffs auf eine transsexuelle Person auf der Frankfurter Zeil gestaltet sich zunehmend schwierig. Noch immer sei unklar, wie genau sich der Übergriff auf das 20 Jahre alte Opfer, das in sozialen Netzwerken als „Kweendrama“ bekannt sei, ereignet habe, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. Es gebe einige Videos im Internet, die nun überprüft würden. Vor allem aber hoffe man auf Zeugenaussagen. Der Angriff, bei dem das Opfer aus einer Gruppe von rund 150 Personen heraus erst beleidigt und anschließend getreten und geschlagen worden sein soll, ereignete sich am Samstag gegen 20.15 Uhr – zu einer Uhrzeit, zu der trotz der Corona-Einschränkungen noch viele Besucher auf der Zeil unterwegs waren.

          Katharina Iskandar
          Verantwortliche Redakteurin für das Ressort „Rhein-Main“ der Sonntagszeitung.
          Alexander Jürgs
          Redakteur in der Rhein-Main-Zeitung.

          Unklar ist ebenfalls, inwiefern es möglicherweise eine Vorgeschichte zwischen den Angreifern und dem späteren Opfer gibt. So könnte zusätzlich zu dem aktuellen Datenmaterial ein weiteres Video für die Ermittlungen noch eine Rolle spielen, das bereits am 8. November ins Netz gestellt worden war. Es zeigt einen Youtuber namens „Breso“, der auf der Zeil eine Art Streitgespräch mit „Kweendrama“ und anderen jungen Personen führt – im Übrigen ohne Abstand und Mund-Nasen-Schutz. In dem Gespräch geht es um die Frage, wie tolerant man sich gegenüber Schwulen und Transsexuellen verhalten soll.

          „Breso“, der seine Videos offenbar häufiger auf der belebten Einkaufsstraße dreht, setzt auf Provokation. In dem Video vom 8. November spricht der Youtuber schließlich mit einem jungen Mann, der sich als Momo vorstellt. Der macht aus seiner trans- und homophoben Haltung kein Geheimnis. „Du bist schwul? Seitdem du klein bist? Und dein Vater hat es akzeptiert?“, fragt er „Kweendrama“.

          „Ich kämpfe für Menschenrechte“

          Um dann schnell und deutlich klarzustellen: „Wäre das mein Sohn, ich schwöre, ich hätte dich dumm und dämlich gehauen.“ Die Person, die sich „Kweendrama“ nennt und sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlt, hält dagegen: „Ich habe gegen niemanden etwas, ich kämpfe für Menschenrechte.“ Am Samstag, sechs Tage nachdem das Video auf Youtube erschien, kommt es schließlich zu dem Übergriff.

          Dennoch will die Polizei nicht vorschnell eine Verbindung zwischen diesem Streitgespräch und dem Angriff vom Samstag herstellen, wie der Sprecher weiter sagt. Die Ermittler konzentrierten sich derzeit auf die zehn Tatverdächtigen, die nach dem Angriff noch am Tatort festgenommen wurden. Es handelt sich um Männer im Alter zwischen 14 und 30 Jahren, von denen einige schon durch Gewalt- und Eigentumsdelikte polizeilich in Erscheinung getreten sind. Der überwiegende Teil der Festgenommenen kommt den Angaben zufolge aus Frankfurt, die übrigen aus umliegenden Städten im Rhein-Main-Gebiet.

          Zur Nationalität der jungen Männer machte die Polizei auf Nachfrage keine Angaben. Einer der Tatverdächtigen war zuvor schon im Haus des Jugendrechts in Höchst registriert. Die Einrichtung betreut jugendliche Straftäter, die sich auf dem Weg zum Mehrfach- und Intensivtäter befinden. Aus diesem Grund hat die Polizei in dieser Einrichtung auch eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Hintergründe der Tat ermitteln soll und Zeugenhinweise unter der Rufnummer 069 / 7553 5108 oder per E-Mail unter e-jugend-hdjr-hoechst.ppffm@polizei.hessen.de entgegennimmt.

          Die Polizei widersprach am Dienstag zudem dem Eindruck, die Zeil gerate in den Abendstunden immer mehr zu einer unsicheren „No-go-Area“. So sei von März bis November im Vergleich zum Vorjahr ein genereller Rückgang der Straftaten verzeichnet worden. Eine Klassifizierung, ob das auch für Gewalttaten gelte, nahm die Behörde nicht vor. „Aufgrund von Einzelfällen, welche medial bekanntwurden, entsteht möglicherweise subjektiv der Eindruck, dass im Bereich der Innenstadt eine Zunahme von Straftaten zu verzeichnen sein könnte“, teilte die Behörde mit. Die Polizei lege dennoch „ein besonderes Augenmerk“ auf die Zeil.

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