Baderegeln auf Fotos : „Nur bis zum Bauch ins Wasser gehen!“
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Im Frankfurter Rebstockbad hängen die neuen Baderegeln prominent in der Schwimmhalle. Bild: Etienne Lehnen
An diesen Regeln kommen Badegäste einfach nicht mehr vorbei. Auch die nicht, die kein Deutsch können. Frankfurts Schwimmbäder klären mit Fotos und in elf Sprachen auf – und stellen klar, wovon die größte Gefahr ausgeht.
Der Bademeister schaut vollkommen fassungslos auf den dunkelhaarigen Mann, der mit einem kleinen Mädchen im Arm gerade vor seinen Augen ohne Zögern ins Schwimmerbecken gesprungen ist und jetzt verzweifelt versucht, strampelnd an der Wasseroberfläche zu bleiben. Nach der ersten Schrecksekunde greift der Bademeister vom Beckenrand aus zu und zieht das Mädchen und den Mann aus dem Wasser.

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Als beide wieder sicher am Beckenrand stehen, erklärt der Bademeister dem Mann freundlich, aber bestimmt, dass er sich und das kleine Mädchen gerade in eine lebensgefährliche Situation gebracht habe und dass Nichtschwimmer sich nur in den für sie vorgesehenen Bereichen aufhalten sollten. Der Mann hört schweigend zu. Als der Bademeister mit seiner Standpauke fertig ist, dreht er sich sofort um und geht.
Kein Einzelfall
Das, was sich an einem Sonntag in den Titus Thermen im Frankfurter Nordwestzentrum ereignet hat, sei kein Einzelfall, sagt Stela Staneva, stellvertretende Marketingleiterin der Bäder Betriebe Frankfurt (BBF). „Unser Aufsichtspersonal musste in den vergangenen Monaten bereits mehrmals ins Wasser springen, um in Not geratene Badegäste herauszuholen. Offensichtlich waren diese nicht in der Lage zu beurteilen, wie tief das Wasser im Becken ist.“ Aber sollte das nicht Voraussetzung sein – zumindest für Badegäste, die mit regelmäßigen Schwimmbadbesuchen, Schwimmkursen und dem Konzept von Nichtschwimmer- und Schwimmerbereichen aufwachsen?
„Über 99 Prozent der Leute aus meinem Bekanntenkreis, die aus Syrien kommen, halten sich selbst für Schwimmer - können aber faktisch nicht schwimmen“, sagt Arabisch-Lehrer und Nichtschwimmer Omar Al Kafri. Der gebürtige Syrer und diplomierte Übersetzer lebt in Frankfurt. „Sie schätzen sich selbst als Schwimmer ein, weil sie jeden Sommer ans Meer fahren und dort baden. Dabei machen sie aber keineswegs die Bewegungen, die man normalerweise beim Schwimmen macht.“ Die haben sie niemals gelernt. Al Kafri, dessen Kinder in Frankfurt Schwimmkurse besuchen, sagt, dass es in seinem Heimatland weder Schwimmkurse an der Schule noch ein Kursangebot in Schwimmbädern gebe. „Schwimmbäder gibt es nur in den größeren Städten, und der Eintritt ist sehr teuer.“
Die Rettung von Nichtschwimmern aus tiefem Wasser seien die einzigen Vorfälle gewesen, die Staneva auf „neue Gästegruppen“ zurückführt, die die Frankfurter Bäder besuchen und bei denen es offenbar Verständnisprobleme gibt. Obwohl sie ganz bewusst nicht das Wort „Flüchtlinge“ in den Mund nimmt, wird deutlich, dass der Flüchtlingsstrom sicherlich einer der Gründe dafür ist, warum vermehrt neue, anderssprachige Gäste die Frankfurter Bäder besuchen.
Um auf diese neuen Gäste zu reagieren, haben die BBF die bisherigen Aushänge der Baderegeln und Sicherheitshinweise grundlegend überarbeitet. „Wir haben zusammen mit einer Agentur die mehrsprachigen, mit Fotos bebilderten Poster und Faltblätter entwickelt, um uns auf diese neuen Gästegruppen vorbereitet zu reagieren“, sagt die BBF-Angestellte. Das Personal in den Frankurter Hallen- und Freibädern spreche zwar viele verschiedene Sprachen, doch seien mit Fotos illustrierte Baderegeln immer besser für das Verständnis. Die Poster gibt es in drei Versionen mit unterschiedlichen Sprachkombinationen, die Faltblätter in verschiedenen Sprachen. Mittlerweile sind die Baderegeln in elf Sprachen nachzulesen: Deutsch, Englisch, Französisch, Türkisch, Arabisch, Urdu, Farsi/Persisch, Somali, Dari, Pashtu und Russisch. Pasthu und Dari werden vor allem in Afghanistan gesprochen.