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Medienkompetenz für Kinder : Das Tablet ist kein Babysitter

  • -Aktualisiert am

Der Umgang mit Technik will gelernt sein: Das Projekt Digi-Kids hilft. Bild: dpa

Durch das Projekt Digi-Kids sollen schon Kindergartenkinder Medienkompetenz erlernen. Aber auch Eltern und Erzieher werden geschult. Doch ein einmaliger Workshop ist nicht genug, meint der Projektleiter.

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          Wenn Benjamin Wockenfuß in die Kita kommt, bleiben Tablet und Smartphone erst einmal in der Tasche. Wockenfuß ist Suchtberater und Social Media Manager bei der Hessischen Landesstelle für Suchtberatung und leitet das Projekt Digi-Kids. Wie ein Roboter funktioniert, sollen die Kinder spielerisch lernen – ganz ohne digitale Unterstützung.

          Ein Kind übernimmt die Rolle des Roboters, eines die der Steuereinheit. Bekommt das Kind, das den Roboter spielt, eine Hand auf dem Kopf gelegt, muss es stehen bleiben, soll es sich drehen, wird ihm eine Hand auf die Schulter gelegt. „Wir wollen erlebbar machen, dass digitale Geräte keine Zauberwelt sind, sondern Werkzeuge, die von selbstbestimmten und kreativen Menschen bedient werden müssen“, sagt Wockenfuß. Erst wenn die Kinder diesen Ansatz verstanden haben, dürfen sie einen kleiner Spielzeugroboter durch eine App steuern.

          Da schon kleine Kinder Tablet und Smartphone nutzen würden oder zumindest ihre Eltern regelmäßig an digitalen Geräten erlebten, müssten schon Kindergartenkinder eine möglichst eigenverantwortliche Einstellung zu digitalen Angeboten entwickeln, findet die Techniker Krankenkasse Hessen, die das Projekt Digi-Kids unterstützt. Bei dem Projekt soll die digitale mit der analogen Welt verbunden werden, etwa indem digitale Motive auf einer großen Leinwand gemeinsam weitergestaltet werden. „Bestimmte Dinge gibt es in der digitalen Welt nicht“, erklärt Wockenfuß. Beispielsweise das haptische Erleben. „Nadeln eines digitalen Tannenbaums piksen nicht, und sie riechen auch nicht“, sagt er. „Digital ist cool, analog erst recht“, lautet einer seiner Leitsätze.

          Bedarf kann kaum gedeckt werden

          Nicht die zeitliche Begrenzung des digitalen Medienkonsums von Kindern sei das Ziel, sondern die selbstbestimmte, qualitative Limitierung, so Wockenfuß. Digi-Kids wolle weder die digitalen Geräte abwerten noch die analoge Welt glorifizieren, sagt der Berater. „Was wir den Kindern beibringen können und wollen, ist die Überlegung, wann eine App oder ein digitales Gerät wirklich einen Mehrwert hat“, erklärt er. Dieser Gedanke wird auch in der Geschichte von „Lotta und Klicks“, ein Bilderbuch, das der Suchtberater in Zusammenarbeit mit der TK herausgebracht hat, verfolgt. Das Buch wird Wockenfuß am kommenden Mittwoch auf der Buchmesse vorstellen.

          Mit den Einrichtungen der Kita Frankfurt kooperiert Digi-Kids seit einem Jahr, insgesamt hat Wockenfuß seit Beginn des Pilotprojekts im April 2017 mit über 300 Kindern und damit auch ihren Familien an der frühkindlichen Medienbildung gearbeitet. „Die Eltern sind ganz wesentliche Ansprechpartner“, sagt Wockenfuß, der selbst Vater von drei kleinen Kindern ist. Auch die Erwachsenen müssten ihr Verhalten immer wieder hinterfragen, seien sie doch Vorbild und Erziehungsberechtigte zugleich.

          „Digitale Geräte sind weder Babysitter noch ein Belohnungsinstrument“, erklärt der Verhaltenstherapeut, der sich wünscht, dass das Projekt in Zukunft noch weiter gedacht wird. „Die einmalige Arbeit mit den Kitas und den Eltern bringt zu wenig“, sagt er. Angebote zur Weiterbildung des Kita-Personals seien notwendig, um das Erlernte zu vertiefen und in die Fläche zu tragen. „Die Kitas haben enormes Interesse“, bestätigt eine Sprecherin der TK. „Den Bedarf, den es an Workshops und Weiterbildung gibt, können wir kaum decken.“ Im kommenden Jahr sollen bestimmte Projektbausteine erstmals evaluiert werden, an weiteren analogen und multimedialen Weiterbildungsangeboten wird bereits gearbeitet.

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