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Umstrittener Tweet : Plumpes Machwerk der Hessen-SPD

  • -Aktualisiert am

Untersuchung: Ein Polizeibeamter steht vor den Akten zum Mordfall Lübcke. Bild: dpa

Die Hessen-SPD hat ihren umstrittenen Tweet „Mord an Dr. Walter Lübcke“ aus den sozialen Medien gelöscht. Aber die Botschaft wirkt weiter. Sie lässt für den Wahlkampf Schlimmes befürchten.

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          Was wäre geschehen, wenn der hessische Verfassungsschutz die Personalakte des Rechtsextremisten Stephan Ernst 2015 nicht gesperrt hätte? Wäre dann in der Behörde rechtzeitig erkannt worden, dass der Mann plante, den Kasseler Regierungspräsidenten im Juni 2019 zu erschießen? Es ist eine gewagte Spekulation und eine Frage hypothetischer Natur. Trotzdem hat die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag in einem Tweet eine Antwort gegeben. „Mord an Dr. Walter Lübcke“ lautet die Überschrift. Darunter steht: „Mehr als fünfzehn Jahre des innenpolitischen Versagens“. Dazu werden die Unionspolitiker Volker Bouffier, Boris Rhein, Peter Beuth und Stefan Heck abgebildet. So wird eine konkrete, kausale Verbindung zwischen der Tat und vier Persönlichkeiten konstruiert, die eines verbindet: Sie stehen oder standen an der Spitze des Innenministeriums.

          Das plumpe Machwerk wurde inzwischen zurückgezogen. Aber die SPD hat erkennen lassen, auf welchem Niveau sie den Land­tagswahlkampf zu führen gedenkt. Hoffentlich überlegt sie sich das noch einmal.

          SPD meldet sich aus seriöser Debatte ab

          Untersuchungsausschüsse gelten als das schärfste Schwert der Opposition. Sie dienen dazu, die Regierung in Schwierigkeiten zu bringen. Eine Instrumentalisierung für parteipolitische Zwecke ist darum gleichsam programmiert. Sowohl der Lübcke-Ausschuss als auch die parlamentarische Untersuchung des Attentats von Hanau haben in dem Regiebuch für den Landtagswahlkampf der SPD eine bestimmte Rolle. Sie dienen als Begleitmusik für den Einzug der Bundesinnenministerin Nancy Faeser in die Arena des Landtagswahlkampfes.

          Aber die Sozialdemokraten ins­trumentalisieren den Untersuchungsausschuss nicht nur. Sie haben die vier Unionspolitiker schon an den Pranger gestellt, bevor sie von dem Gremium befragt werden. Sie interessieren sich offensichtlich nicht im Geringsten für die inhaltliche Auseinandersetzung. Die SPD missachtet die Regeln des Ausschusses, indem sie das fundamentale Recht des politischen Gegners ignoriert, sich zu verteidigen. Auf diese Weise hat sie ein traditionsreiches Instrument des Parlamentarismus entwertet.

          Im Übrigen begingen die Sozialdemokraten einen strategischen Fehler. Sie haben sich aus der seriösen Debatte über die Ergebnisse der beiden Untersuchungsausschüsse abgemeldet.

          Ewald Hetrodt
          Korrespondent der Rhein-Main-Zeitung in Wiesbaden.

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