100 Jahre im Grand Hotel Abgrund
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Konvent im Kloster der Kritischen Theorie: Das undatierte Foto zeigt die Direktorenrunde des Instituts für Sozialforschung mit Max Horkheimer und Theodor W. Adorno in der Mitte. Bild: Stadt- und Universitätsbibliothek/May Horkheimer-Archiv. Frankfurt
Zum Studium des Marxismus wurde es 1923 gegründet, nach der Rückkehr von Horkheimer und Adorno aus dem Exil erlebte es seine goldene Epoche: Das Frankfurter Institut für Sozialforschung feiert Jubiläum.
Die Frankfurter Schule hat etwas hervorgebracht, was in der Philosophiegeschichte einzigartig ist. Zwar gibt es seit der Antike zahlreiche Anekdoten über Meisterdenker, aber nie haben sie sich derart zu einer mythenumrankten Intellektuellen-Folklore verdichtet wie im Fall der Kritischen Theorie. Nicht nur akademische, sondern auch subkulturelle, literarische, künstlerische Milieus wurden davon geprägt bis hin zu den Satirikern und Karikaturisten der „Neuen Frankfurter Schule“, deren „Hochkomik“ viel mit Adorno zu tun hat.
Das Institut für Sozialforschung, das dieser Tage auf seine Gründung vor 100 Jahren zurückblickt, war lange der Inbegriff des Elfenbeinturms, ein sagenumwobener Ort der Welterklärung, Hülle eines erhabenen und labyrinthischen Gedankengebäudes, in dem es sich auch für solche wohlig anfühlte, die wenig verstanden, aber von der Aura angetan waren und in scheinbar staubtrockenen Seminaren plötzlich Erweckungserlebnisse hatten. Die Reflexion schraubte sich in Höhen, von denen aus der Blick auf das irdische Elend erträglicher, jedoch nach Auffassung der Frankfurter Philosophen auch erst in seinem gesamten Umfang sichtbar wurde. Die berühmte Metapher, die Georg Lukács, in der Frühzeit des Instituts eng mit ihm verbunden, für die Kritische Theorie fand, beschreibt diese über den Dingen stehende Attitüde: Grand Hotel Abgrund.
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