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Zu viele Auflagen : „Es investiert niemand mehr in Wohnungen“

Schutzgebiete: In Stadtteilen wie dem Nordend müssen sich Hauseigentümer an strenge Auflagen halten. Bild: Helmut Fricke

Zu strenge Auflagen bremsen nach Ansicht privater Hauseigentümer den Wohnungsbau. Investitionen in Neubau und Sanierung würden verschoben, sagen sie.

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          Die Milieuschutzsatzungen sind dem Eigentümerverband Haus & Grund Frankfurt schon lange ein Dorn im Auge. Denn die Vorgaben, mit denen die Stadt die Zusammensetzung der Bevölkerung in besonders gefragten Stadtteilen wie Nordend oder Bornheim erhalten will, erschwerten es, neuen Wohnraum zu schaffen, meint der Vorsitzende Jürgen Conzelmann. Durch Rekordinflation, hohe Baupreise, steigende Zinsen und eine verschärfte Regulierung des Mietmarktes spitze sich die Lage weiter zu. „Es investiert niemand mehr“ lautet Conzelmanns Fazit.

          Günter Murr
          Redakteur in der Rhein-Main-Zeitung.

          Das ist ein Ergebnis der aktuellen Mitgliederbefragung von Haus & Grund. Demnach gaben 55 Prozent der Eigentümer an, sie wollten nicht in weitere Mietwohnungen investieren. Und von denen, die das vorhaben, ist Frankfurt nicht der bevorzugte Standort. Sie schaffen Wohnraum lieber im übrigen Rhein-Main-Gebiet (45 Prozent) oder sogar außerhalb der Region (37 Prozent). Ein Drittel der Mitglieder von Haus & Grund gibt an, geplante Investitionen wegen verschärfter wohnungspolitischer Regulierungen verschieben zu wollen. Fast jeder fünfte Vermieter will sie ganz aussetzen.

          Ältere Eigentümer abgeschreckt

          Vor allem Eigentümer im Alter ab 60 – sie stellen die größte Gruppe innerhalb von Haus & Grund – ließen sich von den Auflagen abschrecken, so Conzelmann. Wem zum Beispiel der Ausbau eines Dachgeschosses unnötig schwer gemacht wird, der lasse es bleiben – mit der Folge, dass kein neuer Wohnraum entsteht. Auch werde es immer schwerer, Investitionen in den Gebäudebestand zu finanzieren, Banken seien zurückhaltend, der Zugang zu Fördermitteln meist sehr kompliziert.

          Verbandsgeschäftsführer Gregor Weil kennt weitere Beispiele, wo die Milieuschutzsatzungen kontraproduktiv wirken: So werde die Zusammenlegung von zwei kleinen Wohnungen als unzulässige Aufwertung betrachtet – und eine Familie, die mehr Platz benötigt, damit aus Frankfurt vertrieben. Auch der Einbau eines Aufzuges sei nicht erlaubt – auch wenn es damit Gehbehinderten ermöglicht würde, in ihrer Wohnung zu bleiben. Selbst den Einbau gut gedämmter Fenster sähen die Behörden skeptisch. „Klimaschutz und Milieuschutz widersprechen sich zum Teil“, stellt Conzelmann fest. „Die Stadt übertreibt es mit ihren Anforderungen.“

          Regeln „aus der Zeit gefallen“

          Er hält die Regeln nicht nur deshalb für „aus der Zeit gefallen“. Die Milieuschutzsatzungen müssten dringend überprüft werden. Doch ein zu diesem Zweck geplanter „Runder Tisch“ mit allen relevanten Akteuren, der sogar im Koalitionsvertrag von Grünen, SPD, FDP und Volt enthalten ist, sei bisher nicht zusammengetreten. „Wir können das Problem nur gemeinsam lösen.“ Conzelmann hofft auf das neue Stadtoberhaupt, das am 5. März gewählt wird. „Wir hatten in Frankfurt zehn verlorene Jahre“, sagte er in Hinblick auf die Amtszeit des abgewählten Peter Feldmann.

          Die „Führungslosigkeit in der Stadt“ zeige sich aber auch bei anderen Immobilienthemen. So sei es ein fatales Signal gewesen, das Neubaugebiet Günthersburghöfe zu kippen. „Damit macht man den Markt kaputt.“ Private Investoren würden das Vertrauen in Frankfurt verlieren. Dabei sei die Entwicklung neuer Baugebiete der „wirkungsvollste Hebel“, um die Wohnkosten zu dämpfen. Conzelmann hält es für einen politischen Fehler, sich auf die öffentlichen Wohnungsgesellschaften zu konzentrieren. Schließlich seien zwei Drittel des Wohnungsbestandes in Frankfurt in privater Hand.

          Die privaten Vermieter seien meist an langfristigen Mietverhältnissen interessiert und würden die aktuellen Kostensteigerungen häufig nicht weitergeben. Laut Umfrage prüfen nur 31 Prozent der Eigentümer, ob sie rechtlichen Spielraum für eine Mieterhöhung haben. Allerdings erwarten 45 Prozent der Befragten, dass steigende energetische Anforderungen zu höheren Mieten führen werden.

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