Hausbau : Schöner wohnen im Luftschloss für Frauen
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Schwerer als es scheint: Um ein Luftschloss zu planen, braucht es mehr als nur vier Worte. Bild: Anna Jockisch
Zwölf Freunde wollen auf dem Naxos-Areal ihren Traum vom genossenschaftlichen Wohnen verwirklichen. Dafür haben sie jahrelang geplant.
Ganz vorne auf dem Gelände der ehemaligen Schleifmittelfabrik Naxos soll es dereinst stehen, das „Lila Luftschloss“, direkt an der Wittelsbacherallee. Im Architekturbüro wird an diesem Abend gestikuliert und diskutiert. Auf dem Boden liegen zusammengerollte Pläne. Auf dem Tisch steht ein Computerbildschirm, so groß wie ein Fenster. Die Köpfe werden zusammengesteckt. Wie könnte der Grundriss aussehen? Wie groß werden die Fenster? Und was kostet das alles? Die Detailarbeit ist das letzte Stück auf einem langen Weg, der 2001 begann. Hier geht es nicht nur um den Bau eines Hauses. Hier versuchen zwölf Freunde – zehn Frauen und zwei Männer zwischen 50 und 70 –, mit wenig Geld einen Lebenstraum zu verwirklichen.
„Vor acht Jahren waren wir gerade mal zu zweit“, sagt Christa Seidel. Die Frau mit den kurzen grauen Haaren nennt als eine der wenigen am Tisch ihren Namen. Die meisten möchten nicht zitiert werden, aus Angst davor, der jetzige Vermieter könnte erfahren, dass man ausziehen möchte. „Wir haben damals einfach Leute aus unserem Bekanntenkreis angesprochen, ob sie nicht Lust hätten, mit uns etwas zu suchen.“ Geplant ist, dass die meisten der zwölf Freunde jeweils in einer eigenen Wohnung leben – und dass es mehrere Gemeinschaftsräume gibt.
„Nicht alleine in der Wohnung versauern“
Möglichkeiten für genossenschaftliches Wohnen finden sich in Frankfurt einige. Doch für größere Gruppen ist der Platz knapp. Sechs Jahre lang hätten sie Ausschau gehalten und verhandelt. Mit der Zeit kamen immer mehr Frauen dazu. „Naturgemäß machen sich Frauen halt eher Gedanken, was sie im Alter so machen sollen“, sagt Margot Neubauer. „Es war einfach Zeit.“ Die 64 Jahre alte Frau hat eine Menge Energie. Ihre wachen Augen funkeln. „Ich wollte nicht alleine in meiner Wohnung versauern.“
Sechs Jahre gelang nichts. Dann kam im Jahr 2007 die Idee von einem Lila Luftschloss auf dem Naxos-Areal. In Frankfurt stehen schon zwei Lila Luftschlösser. Das eine an der Heidestraße, das andere an der Gutbrotstraße. Beide verfügen über einen Gemeinschafts- und einen Waschmaschinenraum; sie bieten ausschließlich Frauen die Möglichkeit, „Selbstorganisation und demokratisches Handeln“ zu lernen, wie es in den Statuten heißt. „Das Luftschloss ist aber kein Frauenhaus. Wir richten uns speziell an Frauen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen wollen, die Verantwortung übernehmen möchten“, sagt Anne Lamberjohann, Mitgründerin des Genossenschaftsprojekts Lila Luftschloss. „Das Projekt auf dem Naxosgelände beinhaltet zwar auch zwei Männer, aber unsere Grundprinzipien sind erfüllt.“ Die Gruppe habe eine Identität, sei genossenschaftlich organisiert und bestehe hauptsächlich aus Frauen. „Das wollten wir unterstützen.“
Genossenschaftsgruppe mit langer Tradition
Dabei kann sich die Genossenschaftsgruppe auf eine lange Tradition berufen. Das erste „Heim der berufstätigen Frau“, wie die Siedlungsgenossenschaft in der Fachliteratur der zwanziger Jahre heißt, wurde in Frankfurt schon 1926 eröffnet. Das Haus an der Adickesallee steht heute noch. „Dabei handelt es sich nicht um ein Ledigenheim im engeren Sinne“, wie in dem 1929 erschienenen Buch „12 Mietwohnungen in einem Block“ zu lesen ist. „Sondern um selbständige Wohnungen, die allerdings mit der gebotenen Zentralisierung der Verwaltung, der Versorgung mit Wärme, des Wäschereibetriebs usw. ausgestattet sind.“ Die Idee war so modern, dass sie auch heute noch gilt, demnächst möglicherweise auch auf dem Naxos-Areal.
„Würde ich heute schon dort wohnen, dann hätte ich jetzt einfach mal bei den ersten drei geklingelt“, sagt eine der Frauen, die anonym bleiben möchte. „Dann hätten die anderen erst mal zuhören müssen, was ich heute so alles erlebt habe.“ Gemeinsame Kinoabende, Ausstellungen oder Konzerte könnten folgen. „Wir haben halt schon Lust, wieder Dinge miteinander zu unternehmen“, ergänzt Margot Neubauer. „Seit wir zusammen an diesem Projekt beteiligt sind, hat das auch klar zugenommen.“
Ende November müssen die Pläne fertig sein. Dann entscheidet eine Jury, welches der eingereichten Vorhaben auf dem Naxos-Areal realisiert wird. „Ich hoffe echt, dass das klappt“, sagt Neubauer. Ein zweites Mal mache die Gruppe so einen Aufwand wohl nicht mehr mit. „Dann wird’s knapp.“
Eine Informationsbörse für gemeinschaftliches Wohnen findet heute in den Römerhallen statt. Von 10 Uhr an berichten Gruppen von ihren
Erfahrungen, von 13.30 Uhr an erklären Experten Rechtsformen und Finanzierungsmöglichkeiten.