Er brachte die „Bestie von Auschwitz“ vor Gericht
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Noch immer engagiert: Gerhard Wiese in seinem Haus im Frankfurter Stadtteil Dornbusch. Bild: Saskia Stöhr
Gerhard Wiese, 94 Jahre alt, war einer der Ankläger im ersten Frankfurter Auschwitzprozess. Heute ist er der einzige Prozessbeteiligte, der noch von diesem Jahrhundertprozess berichten kann.
Von seinem alten Schreibtisch will sich Gerhard Wiese nicht trennen. In seinem Wohnzimmer, vor dem großen Fenster zur Straße hin, steht das Möbelstück, braunes Holz, abgerundete Kanten, und ist eigentlich viel zu klein für all das, was darauf Platz findet: Bildschirm, Tastatur, Fotos der Familie, Schreibkladde, Stifte, Ablagefächer. Doch Wieses Herz hängt daran. Der Feuilletonist Friedrich Luft, der im RIAS, dem Rundfunk im amerikanischen Sektor, die beliebte Sendung „Stimme der Kritik“ moderierte, hat ihm den Schreibtisch geschenkt.
Gerhard Wiese, heute 94 Jahre alt, war damals als studentische Hilfskraft bei der gerade erst gegründeten Freien Universität in West-Berlin angestellt. Der Jura-Student sollte, im Sommer 1948, mithelfen, die Bibliothek der Hochschule aufzubauen. Berliner Bürger spendeten dafür fleißig Bücher. Wiese war mit Lastwagen und Fahrer in der Stadt unterwegs, um sie einzusammeln. Dabei kam er auch zu dem bekannten Hörfunkjournalisten Luft, der der Universität die Sammlung medizinischer Fachbücher seines Vaters übergeben wollte. Als Wiese schon beinahe wieder am Gehen war, fragte ihn der Moderator: Haben Sie eigentlich schon einen Schreibtisch? So erbte er den feinen Sekretär, der bis heute in seinem Haus steht.
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