Feierstunde zum Einheitstag : „Freiheit muss erkämpft werden“
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Symbol für Freiheit und Demokratie: Die Paulskirche war ORt einer Feierstunde zum Tag der Einheit. Bild: dpa
Tag für Tag für die Wahrung von Rechtsstaatlichkeit und Freiheit eintreten: Das ist das Signal, das eine Feierstunde zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung in der Frankfurter Paulskirche aussenden soll. Auch die Aufarbeitung der Wendezeit kam zur Sprache.
„Das Streben nach Freiheit, nach Demokratie und Rechtsstaatlichkeit war größer, höher und stärker als jede Mauer.“ Das hat der Frankfurter Bürgermeister Uwe Becker (CDU) am Samstag bei einer Feierstunde zum Tag der Deutschen Einheit in der Paulskirche gesagt. Mit Blick auf die relativ kurze Geschichte der deutschen Demokratie sei es umso wichtiger, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit nicht für selbstverständlich zu erachten, sondern Tag für Tag für deren Wahrung einzutreten.
Becker warnte, dass sich 30 Jahre nach der Wiedervereinigung „jener Ungeist“ wieder breitmache, „der unser Land in die menschliche Kälte und Unmenschlichkeit geführt hat, an dessen Ende 70 Millionen Kriegstote, sechs Millionen ermordete Juden und ein zerstörtes Europa standen“. Es sei eine Schande, dass im Frankfurter Römer, wo einst „Recht über den Ungeist des Nationalsozialismus gesprochen wurde, heute wieder eine Partei sitzt, in der wieder über das Vergasen von Menschen gesprochen wird“.
Der Bürgermeister erinnerte an den ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, den Anschlag auf die Synagoge in Halle und die Morde in Hanau und mahnte, dies seien Taten, die derartigen verbalen Tabubrüchen folgten.
Auch Rainer Forst, Professor für Politische Theorie und Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt, betonte die Bedeutung der Vergangenheit für die deutsche Gegenwart. Er sprach über die Einheit als unabgeschlossenen Lernprozess. Dabei sei es wichtig zu erkennen, dass ein solcher nicht frei sein könne von Fehlern, sagte Forst. „Was dem einen eine Befreiung aus Zwang und Gängelung war, war für den anderen ein Privilegienverlust.“ Die Wiedervereinigung sei von Beginn an von einer „gigantischen Asymmetrie“ geprägt gewesen. Diese habe dazu geführt, dass sich in den ostdeutschen Ländern mehr als 50 Prozent der Menschen als „Bürger zweiter Klasse“ ansähen. Die Aufarbeitung der Wendezeit werde noch lange dauern.