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Frauengesundheitszentrum : Was eine Familie trägt

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Thea Vogel (Mitte) leitet den Kursus „Rückbildungsgymnastik und Neufindung”.

Thea Vogel (Mitte) leitet den Kursus „Rückbildungsgymnastik und Neufindung”. Bild: Astis Krause

Alles rund um Schwangerschaft, Geburt und erste Lebensjahre: Das Frauengesundheitszentrum gibtseit 30 Jahren Antworten. 2008 besuchten etwa 1500 Mütter oder Väter die zahlreichen Kurse des Zentrums, die sich rund um Schwangerschaft, Geburt und erstes Lebensjahr drehen.

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          Die Begleitmusik besteht aus leisem Wimmern, energischem Quengeln oder fröhlichem Glucksen. Der kleine Hugo läuft zur Hochform auf, brabbelt und strampelt vor sich hin. Seine Mutter Charlotte Brombach ist „dankbar für die Möglichkeit des Austauschs. Es ist schön zu sehen, dass andere Mütter die gleichen Dinge beschäftigen wie mich auch.“ Sechs Frauen mit ihren etwa vier Monate alten Babys sind an diesem Nachmittag ins Frauengesundheitszentrum im Nordend gekommen zum Kursus „Rückbildungsgymnastik und Neufindung“. Sie sitzen auf Gymnastikmatten und großen bunten Kissen in einem sonnendurchfluteten Raum. Gerade geht es um die Frage, wie man bestimmte Signale der Babys richtig deutet – zum Beispiel nächtliches Schreien. „Mein Mann sagt manchmal, ich solle es auch mal liegenlassen“, sagt eine junge Mutter. „Aber dann hebe ich es doch aus dem Bettchen und schaukele es so lange bis es sich beruhigt.“

          Schnell beginnt eine lebhafte Diskussion. „Bei uns ist es genau umgekehrt. Da bin ich meist die Herzlose, die das Kind auch mal schreien lässt“, erzählt eine andere Teilnehmerin. Die Pädagogin Thea Vogel – sie ist auch im Vorstand des Zentrums – leitet den Kursus, moderiert eloquent, ohne die Diskussionen unter den Frauen abzuwürgen. Zu diesem Zeitpunkt haben die Teilnehmerinnen schon eine einstündige Einheit in Rückbildungsgymnastik hinter sich. In der zweiten Stunde des Kurses geht es um Wertebildung in der Familie. Für seine Arbeit zu diesem Thema ist das Frauengesundheitszentrum vom Bundesfamilienministerium ausgezeichnet worden. 20 000 Euro stehen der Einrichtung in den nächsten beiden Jahren zusätzlich zur Verfügung. 30 Jahre ist das Zentrum alt – das wird am Sonntag, 28. Juni, auf dem Friedberger Platz groß gefeiert.

          Ehrlichkeit wird gewünscht, übertriebender Ordnungssinn nicht

          Der kleine Hugo kann seine Vitalität noch steigern und robbt rücklings von der Matte. Seine Mutter schreibt gerade Familienwerte auf Pappkarten, die ihr früher mit auf den Weg gegeben wurden und die auch in ihrer eigenen Familie prägend sein sollen. Als die Frauen die Karten aufdecken, kommen Begriffe wie „Ehrlichkeit“, „Vertrauen“, „Sparsamkeit“, „Respekt“ zum Vorschein.

          Thea Vogel hatte die Teilnehmerinnen auch dazu aufgefordert, Dinge aufzuschreiben, die nicht ins eigene Heim exportiert werden sollten. „Übertriebener Ordnungssinn zu Lasten der gemeinsamen Zeit mit den Kindern“, schreibt eine Mutter. Wie könne man diese Werte, die zunächst noch etwas abstrakt daherkämen, denn den Kindern vermitteln, fragt Thea Vogel. Ein lebhafter und zugleich konzentrierter Austausch beginnt.

          2008 besuchten etwa 1500 Mütter oder Väter die zahlreichen Kurse

          „Mit meinem ersten Kind ist mir meine eigene Erziehung erst so richtig bewusst geworden“, sagt eine Teilnehmerin. Kursleiterin Vogel hält es für wichtig, dass Männer und Frauen in der Phase der Familiengründung ihre Wertvorstellungen, die sie aus ihrer Ursprungsfamilie mitbringen, überdenken und möglicherweise neu aufeinander abstimmen. Für ein gesundes, bestärkendes Aufwachsen eines Babys brauche es verlässliche, emphatische Eltern, die sich gut verstünden, sagt sie.

          Das Frauengesundheitszentrum bietet an verschiedenen Standorten in Frankfurt zum einen den fachkundigen Rat seiner Experten und zum anderen Gesprächspartner, die sich auch gerade in ihren neuen Rollen als Eltern orientieren. 2008 besuchten etwa 1500 Mütter oder Väter die zahlreichen Kurse des Zentrums, die sich rund um Schwangerschaft, Geburt und erstes Lebensjahr drehen. „Bei den moderierten Gesprächsangeboten muss ich als Kursleiterin nie alles allein eingeben, sondern es kommen immer ganz viele Beiträge aus der Runde“, sagt die 60 Jahre alte ausgebildete Familienbegleiterin Thea Vogel, die selbst Mutter von drei erwachsenen Kindern ist. Viola Rossbach kommt schon mit ihrem zweiten Kind, der kleinen Marlene. „Mit den Muttis vom ersten Kurs“, erzählt sie, „treffe ich mich seit zweieinhalb Jahren. Daraus sind richtige Freundschaften entstanden.“

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