Frauen in der Arbeitswelt : Die Schweißerin ist nicht mehr in Mode
- -Aktualisiert am
Vergangene Zeiten: Damals war die eine oder andere Frau noch mit dem Schweißbrenner per du. Bild: Frauenbetriebe
Der Verein Frauenbetriebe wird in diesem Jahr 30 Jahre alt. Dort finden Frauen Rat für den Schritt in die Selbstständigkeit. Doch Handwerkerin will keine mehr werden.
Es sind die frauenbewegten Jahren: An der Universität werden nach Geschlechtern getrennte Vorlesungen gefordert, Frauen bieten für Geschlechtsgenossinnen Kulturveranstaltungen an, das erste „Autonome Frauenhaus“ wird von Frauen für Frauen eröffnet, es folgt das Feministische Frauengesundheitszentrum, die Frankfurter Frauenschule. In dieser Zeit der Frauenbuchläden, der ersten Second-Hand-Läden, der Frauen-Cafés, wird viel diskutieren unter den Frauen, auch über den Griff nach der Macht.
„Und dann wollten wir die letzte Bastion nehmen – die Wirtschaft“, sagt Dörthe Jung. Die Frauen sollten sich emanzipieren und ökonomisch unabhängig, sollten Selbständige werden, erläutert die Soziologin und Unternehmensberaterin. „Es ging gegen das Patriarchat, mit einem ordentlichen Schuss Kapitalismus-Kritik“. Frauen, darunter die schon verstorbene Lu Haas und eben Dörthe Jung gründeten deshalb im Juni 1984 zunächst als Frauengewerbezentrum den Verein Frauenbetriebe und zogen an die Hamburger Allee 96 in Bockenheim.
„Frauen in Handwerksberufe“ war die Idee
Am 18. Juli feiern sie, dass es den Verein, mittlerweile umbenannt in „Jumpp – Ihr Sprungbrett in die Selbständigkeit. Frauenbetriebe e.V.“, seit 30 Jahren gibt. Er ist erfolgreicher denn je ist. Für Jumpp-Geschäftsführerin Christiane Stapp-Osterod, die 1991 zum Verein kam, ist das Vorhaben bis heute in dieser Form bundesweit einmalig. „Es war von Anfang ein innovatives Projekt und es wurde von den Frauen gut weiterentwickelt“, sagt Jung. So hat der seit Jahren professionell geführte Verein im letzten Jahr vom hessischen Wirtschaftsministerium die Aufgabe übertragen bekommen, die landesweite Koordinierungsstelle „Frauen und Wirtschaft“ zu sein, um Gründerinnen und Unternehmerinnen in ganz Hessen zu unterstützen.
„Zunächst war die Idee, Frauen in Handwerksberufen, auch in solchen, die üblicherweise in Männerhand waren, auszubilden“, erzählt Jung. Sie sollten sich für die Selbständigkeit qualifizieren und Produkte und Dienstleistungen anbieten, die im Stadtteil gebraucht wurden. Die Anfang der neunziger Jahren in der Bockenheimer Ladengalerie eröffneten Geschäfte, ebenfalls mit dem Namen „Frauenbetriebe“, sollten, so das damalige Konzept, das an der Hamburger Allee Produzierte an die Kunden bringen. Bis heute gebe es auf dem Weihnachtsmarkt einen Stand der Frauenbetriebe, auf dem zum Beispiel Blechspielzeug verkauft werde, sagt Jumpp-Geschäftsführerin Stapp-Osterod.
Jede Geschäftsidee wird ernst genommen
„Die Frauenbetriebe hatten immer ein ganzheitliches Konzept“, sagt Jung. Es habe von Anfang an Kinderbetreuung sowie ein Catering gegeben. Vor allem bot der Verein Qualifizierung und Beratung an. „Und zwar eine frauenspezifische Beratung“, sagt Stapp-Osterod. Fragen wie „Was hast Du vor? Willst Du Kinder? Was ist mit der Familie?“ gehörten bis heute zu jeder Beratung genauso dazu, wie der längst zur Pflicht gewordenen Business-Plan, die Klärung der finanziellen Grundlagen und die Herstellung von Kontakten zu Banken.