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Frankfurter Gesicht : Antonio de Campos erschuf Kunstwerke für eine Ikone

Antonio de Campos ist Architekt, Filmemacher und bildender Künstler. Bild: Oliver Sebel

So lange sie lebte, wussten höchstens seine Freunde, dass Antonio de Campos in seinem Frankfurter Atelier Kunstwerke für den Architekturstar Zaha Hadid erschuf. Erst jetzt erzählt er von seinem Anteil an ihrem Lebenswerk.

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          Die Werke des Künstlers Antonio de Campos hingen schon in bedeutenden Kunsträumen: in der Buchmann Galerie in Berlin etwa, im Reina Sofia Mu­seum in Madrid, im Guggenheim in New York. „Doch vor der Vernissage musste ich verschwinden.“ Die Besucher kamen sowieso nicht seinetwegen, sie wollten nur eine sehen: Zaha Hadid, die Ikone, von der gesagt wird, sie habe die Architektur revolutioniert. Die als erster weiblicher Star ihres Faches verehrt wird, und als Unternehmerin ein kleines Imperium um ihren Namen aufgebaut hat, die 2016 unerwartet früh mit nur 56 Jahren gestorben ist.

          Inga Janović
          Redakteurin im Regionalteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und verantwortliche Redakteurin des Wirtschaftsmagazins Metropol.

          De Campos’ Anteil an diesem Le­benswerk ist mit der Ausstellung „Konzepte für Zaha Hadid“, die das Deutsche Architekturmuseum im Sommer in seinem Ausweichquartier im Frankfurter Ostend gezeigt hatte, öffentlich bekannt geworden. Nun tourt die Schau, jüngst war sie in Budapest zu se­hen, gerade wird sie in den Räumen der Deutschen Werkstätten in Dresden-Hellerau aufgebaut (Eröffnung ist am 23. Februar). Zu sehen sind Vorarbeiten und Zwischenstufen für Objekte, de­ren finale Version ins Oeuvre von Hadid eingegangen sind.

          Dreizehn Jahre lang, von 2003 bis 2016, war der Brasilianer, dem Frankfurt nach Stationen in London und Ma­laysia zur Heimat geworden ist, der Künstler für Hadids Büro. Er übersetzte Entwürfe ihrer Architekten nach seinen Vorstellungen in Bilder und Skulpturen. Dafür, erzählt de Campos, der Architektur und Film studiert und et­liche Jahre in der Filmindustrie gear­beitet hat, habe er Zeichen- und Sprühtechniken mit digitaler Bildbearbeitung völlig neu zusammengeführt. Er druckte seine abstrakten Gebilde auf Folien und Metallplatten, erschuf so vielschichtige Collagen.

          Für die Anerkennung, die einem Künstler gebührt: Antonio de Campos hat eine Debatte über Autorenschaft in Kunst und Architektur angestoßen.
          Für die Anerkennung, die einem Künstler gebührt: Antonio de Campos hat eine Debatte über Autorenschaft in Kunst und Architektur angestoßen. : Bild: Saskia Stöhr

          Für die angemessene Anerkennung seiner Autorenschaft

          Entstanden sind diese Werke in de Campos’ da­maligem Atelier an der Hanauer Landstraße. Einmal im Monat reiste er in jenen Jahren nach London, wenigstens drei Bilder im Gepäck. Anfangs habe Hadid sie alle nicht gemocht. Über ein Jahr habe es gebraucht, bis sie überzeugt war, dass seine Formensprache zu ihrer, und vor allem ins 21. Jahrhundert, passte. Seitdem kaufte sie ab, was ihr gefiel – und präsentierte es der Kunstwelt unter ihrem Namen. Von Antonio de Campos war höchstens als „Artist Consultant“ im Ausstellungs­katalog die Rede.

          Für die Architektin Hadid, sagt de Campos, sei akzeptiert gewesen, dass hinter ihr eine Vielzahl talentierter Mitarbeiter steht. „Aber als Künstlerin wollte sie allein gesehen werden.“ Die Frage, wo seine Autorenschaft dabei bleiben sollte, hatten die Freunde nicht zu Ende diskutiert, als Hadid starb.

          Dass de Campos sie nun auf seine Weise beantwortet, gefällt nicht jedem. Aber ihn stört, wie sehr der Starkult ausblendet, „dass niemand so ein Werk allein erschaffen kann“. Deshalb hat er, der sich sonst lieber zurücknimmt, eine Debatte über Autorenschaft in Kunst und Architektur angestoßen, die in Frankfurt eröffnet und nun in den Ausstellungsstädten weitergeführt wird.

          De Campos fordert Anerkennung, aber er will mit seiner Vergangenheit nicht lange hadern. Nach Hadids Tod hat er als Kurator für die Galerienkette Lumas in Berlin gearbeitet. Er kam zu­rück, in seine Sachsenhäuser Wohnung, in die Cafés, deren Kuchen er liebt, und die internationalen Geschäfte, in denen der geübte Koch gern einkauft. Er arbeitet wieder unter eigenem Namen, experimentiert mit Farbe, Licht, Wahrnehmung und Täuschung. Er nutzt die digitalen Möglichkeiten, als Plattform, die Welt zu erreichen, als Werkzeuge. Er testet, produziert auch digitale Werke, NFTs. Davor, dass die Künstliche Intelligenz die nächste Instanz wird, die seine Urheberschaft infrage stellt, fürchtet er sich nicht. „Es wird immer Ideen brauchen, um die KI zu steuern. Meine Ideen.“

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