Frankfurt : Philosophicum ohne Architekt
- -Aktualisiert am
Projekt in Schieflage: das Philosophicum auf dem Campus Bockenheim in Frankfurt Bild: Wonge Bergmann
Der Umbau des Seminarhauses zum Wohnheim schien reibungslos zu laufen. Aber nun hat der Bauherr seinem wichtigsten Mann gekündigt.
Alles schien auf einem guten Weg: Das Philosophicum, das denkmalgeschützte Seminargebäude von Ferdinand Kramer auf dem Campus Bockenheim, sollte nach den Plänen des Frankfurter Architekten Stefan Forster zu einem Appartementhaus für Studenten und Berufsanfänger umgebaut werden. Mit einer Kita und einem Café im Erdgeschoss. Die Pläne waren mit dem Denkmalschutz abgestimmt, der Bauantrag sollte im Januar eingereicht werden. Doch jetzt gerät das Projekt ins Schleudern: Der Eigentümer und Bauherr, die RMW Wohnungsvermietung GmbH, und der Architekt haben sich überworfen.
Geschäftsführer Rudolf Muhr hat Forster am Dienstag gekündigt. Der Architekt habe den Zeitplan nicht eingehalten: „Er hat nur gebremst“, sagt Muhr. Offenbar stimmte auch die Chemie zwischen den beiden nicht. Der Geschäftsführer beschwert sich über den Umgangston des Architekten, der doch immerhin sein Dienstleister gewesen sei. Er will nun schnellstmöglich einen neuen Architekten beauftragen. „Das Projekt wird weiterlaufen, wir suchen mit Hochdruck einen neuen Architekten.“ Muhr hält an seinem Ziel fest, das Gebäude Ende 2015 zu eröffnen. Wie das gelingen soll, wenn er in voller Fahrt die Pferde wechselt, ist Beobachtern ein Rätsel. Schon bisher galt der Zeitplan als extrem ambitioniert, zumal es sich um ein Baudenkmal handelt.
„Herber Schlag“ für das Projekt
Forster sieht die Dinge anders: Es sei bei dem Streit auch um unterschiedliche Honorarvorstellungen gegangen. Das Projekt sei auf einem guten Weg gewesen und mit dem Denkmalschutz detailliert abgestimmt. „Wir wollten es geräuschlos abwickeln, die Planung ist schon fast durch.“ Aber er sagt auch: „Ich lasse mich nicht wie einen Sklaven behandeln.“ Seine Planung werde er nicht umstandslos einem anderen Architekten zur Verfügung stellen.
Auch urheberrechtlich droht also Streit. Wer Forster kennt, der weiß, dass der Architekt nicht zum Diplomaten geboren wurde. Aber er wird weniger für seine Umgangsformen als für sein Talent geschätzt. Forster gilt als einer der besten deutschen Architekten im Wohnungsbau. Auch der Denkmalschutz soll daher von der Trennung wenig begeistert sein. Das sei „ein herber Schlag“ für das Projekt, heißt es.
Planungsdezernat gibt sich gelassen
Auch die städtische Wohnungsgesellschaft ABG, die den Campus entwickelt und das Grundstück an RMW verkauft hatte, ist nicht daran interessiert, dass das Projekt ins Schleudern gerät. Der jahrelange Streit um die Nutzung des Baudenkmals sitzt den Verantwortlichen noch in den Knochen. „Mit Forster hatte ich ein gutes Gefühl. Ich setze darauf, dass wir noch zu einem Konsens kommen“, sagt ABG-Geschäftsführer Frank Junker. Er schlägt einen Kompromiss vor: Statt Forster solle einer seiner Partner das Projekt betreuen. Doch Muhr ist skeptisch: „Wenn das Tischtuch einmal zerschnitten ist, ist es schwierig, wieder zusammenzukommen.“
Forster galt anfangs nicht als Freund des Kramer-Baus. Zu Beginn der Debatte über den Kulturcampus plädierte er sogar für einen Abriss. Aber er hat seine Meinung geändert und sich stark eingearbeitet. „Man bekommt eine Beziehung zu dem Gebäude.“ Forster hatte sich mit der Witwe des Architekten Kramer getroffen und ausgetauscht. Im Erdgeschoss wollte er ein Café mit den Möbeln des berühmten Architekten einrichten. Doch der Bauherr habe dort andere Vorstellungen. „Es gibt eine Verantwortung der Stadt gegenüber“, sagt Forster.
Im Planungsdezernat sieht man die Kündigung des Architekten betont gelassen. „Der Bauherr hat sein Recht wahrgenommen, mit einem anderen Büro zusammenzuarbeiten“, sagt ein Sprecher. Das sei kein Grund, an den Zielen des Bauherrn zu zweifeln. Und kein Grund für „Alarmismus“.
Mit welchem Architekten es nun auch weitergeht, die Eckdaten des Projekts bleiben die gleichen: Ein Gebäude für studentisches Wohnen sei vertraglich vereinbart, sagt Junker. Am mit dem Denkmalschutz abgestimmten Grundkonzept führe kein Weg vorbei. Aber nicht nur Studenten werden dort einziehen. Muhr will die Appartements zudem „jungen Menschen in Ausbildung“ anbieten. Auch eine Kita und eine halböffentliche Nutzung des Erdgeschosses, etwa durch Gastronomie, wurden festgeschrieben. Ein Wechsel des Architekten änderte nichts an der Realisierung des Projekts, sagt Junker, der nach wie vor Forster favorisiert. „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Dass ein Bauherr den Architekten wechsele, komme vor. „Aber ich würde es nicht empfehlen.“