Fahrrad-Demo gegen den Riederwaldtunnel
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Freie Fahrt für freie Bürger: Demonstrierende Radfahrer auf der A 661 unterwegs in Richtung Ratsweg, Riederwald und Fechenheimer Wald. Bild: Michael Braunschädel [FAZ-Recht
Für den Lückenschluss zwischen der A 66 und A 661 in Frankfurt soll wertvoller Baumbestand gerodet werden. Protestierende Radfahrer und Besetzer im Fechenheimer Wald wollen das verhindern.
An Autobahnen lässt sich viel kritisieren, aber wenn sie von der Polizei dafür abgesperrt sind, kann man darauf prima Fahrrad fahren. Zumal, wenn die Strecke leicht abschüssig ist und einen guten Ausblick bietet wie jener Teil der A 661, der im weiten Bogen zwischen den Anschlussstellen Friedberger Landstraße und Ratsweg verläuft. Die knapp 500, nach Angaben der Veranstalter 600 Radfahrer gleiten flott dahin, ohne in die Pedalen treten zu müssen. Gewissermaßen haben sie es verdient, denn zuvor haben sie, beginnend am Mainkai, den Anstieg des Oeder Wegs und der Friedberger Landstraße hinter sich gelassen.
Allerdings steht an diesem Samstag nicht der Spaß am Radfahren, sondern die politische Botschaft im Vordergrund. Wie sie lautet, ist auf den Schildern, die an den Gepäckträgern befestigt sind, nachzulesen: „Autobahn-(Aus)Bau stoppen! Wald statt Asphalt.“ Aufgerufen zu der Demonstration auf zwei, teils auch drei Rädern hat ein breites Bündnis von Umwelt-, Klimaschutz- und Verkehrsverbänden. Ihr Protest richtet sich gegen die Verkehrspolitik von Land und Bund, konkret gegen den geplanten Riederwaldtunnel, der die Lücke zwischen der A 661 und der A 66 schließen soll.
„Während sich das Klima immer schneller aufheizt, möchten der grüne Verkehrsminister in Hessen und der FDP-Bundesverkehrsminister den Bau der A-66-Verlängerung und die Zerstörung des Fechenheimer Waldes durchsetzen. Das werden wir nicht zulassen“, sagt Alexis Passadakis von „Ende Gelände Frankfurt“. Rüdiger Hansen vom BUND hält den Tunnel-Plan für verfassungswidrig, „denn er zeigt nicht auf, wie zukünftige Generationen vor den Klimabelastungen solcher Projekte bewahrt werden könnten“. Rainer Frey von der Bürgerinitiative Riederwald weist auf die Rodungen hin, die in der Kastanienallee am Erlenbruch, im Teufelsbruch und im Fechenheimer Wald für den Autobahnbau geplant sind. Es handele sich um Teile des geschützten Frankfurter Grüngürtels, eine solche „Selbstzerstörung“ müsse verhindert werden.
Konflikt schwelt seit den Siebzigern
Schon auf dem Weg zur A 661 hatte der Corso an einem anderen umstrittenen Ort der Frankfurter Stadtentwicklung Halt gemacht: An der Friedberger Landstraße vor dem Gelände, das die Demonstranten als „Grüne Lunge“ bezeichnen. Dort sollte eigentlich das Wohngebiet „Günthersburghöfe“ entstehen, was am Protest von Klimaschützern und Gartenbesitzern jedoch vorerst gescheitert ist. Carmen Junge von Attac Frankfurt bezeichnet das als „großartigen Erfolg und als Blaupause für den Fechenheimer Wald“. Ein wichtiger Naturraum sei bewahrt und „hochpreisiger Wohnraum zur reinen Profitmaximierung“ verhindert worden.
Unter den Radlern sind alle Altersgruppen vertreten, Familien mit Kindern sind dabei, aber auch ältere Semester, die seit Jahrzehnten gegen das Autobahnprojekt im Frankfurter Osten protestieren. Der Konflikt schwelt sei den Siebzigerjahren, frühere Pläne eines noch weiter gehenden „Alleentunnels“ sind längst ad acta gelegt. Mit dem Riederwaldtunnel wird es jetzt allerdings ernst, von der A 661 sieht man das im Bau befindliche Dreieck Erlenbruch, das die Autobahn durch den Tunnel zur A 66 in Richtung Hanau und Fulda führen soll. Dass die Anwohner am Riederwald damit vom Durchgangsverkehr entlastet würden, weisen die Demonstranten als Propaganda der Autolobby zurück. Vielmehr drohe eine bis zu 15 Jahre dauernde „Megabaustelle“, anschließend würde der Verkehr etwa auf der Friedberger und der Hanauer Landstraße stark zunehmen.
Nach zweieinhalb Stunden kommt der Corso an sein Ziel, den Fechenheimer Wald. Dort haben „Waldbesetzer“ seit September vergangenen Jahres Baumhäuser errichtet, um gegen die Abholzung des betreffenden Teilstücks zu protestieren. „Der Wald ist unser Zuhause geworden, um dem kapitalistischen Wahnsinn zu entfliehen“, sagt eine Rednerin, die sich „Zwille“ nennt. Wenn im bevorstehenden Herbst die Rodungsmaschinen anrücken sollten, dann würden sich die Waldbesetzer ihnen entgegenstellen.