
Der „Lange Franz“ : Die Stadt regiert im Provisorium
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Bisher nur als Modell: Der rekonstruierte „Lange Franz“ Bild: Lakuntza, Nerea
Nach seiner Zerstörung im Krieg wurde der „Lange Franz“ nur in kleinerer Form wieder aufgebaut. Es stünde der neuen Koalition gut, ein Projekt zur Rekonstruktion zu unterstützen.
Es ist erstaunlich, wie lange dieses Projekt schon auf sich warten lässt. Seit dem Wiederaufbau ist der „Lange Franz“, der höhere der beiden Rathaustürme in Frankfurt, nur noch ein Stummel. Sein kunstvoll verziertes und markantes Haupt ragte einst 70 Meter in den Himmel. Doch nach der Zerstörung im Krieg wurde der Turm nur zweckmäßig wieder aufgebaut. Das flach geneigte Notdach lässt ihn in einer Höhe von 45 Metern enden.
Neidvoll blicken die Frankfurter auf die Rathäuser in anderen Städten wie München und Hamburg, deren Türme erhalten blieben oder wieder in einen guten Zustand versetzt wurden. In Frankfurt hingegen regiert die Stadt seit mehr als 70 Jahren aus einem Provisorium. An ästhetischen Gründen kann das nicht liegen. Das flach geneigte Dach auf dem „Langen Franz“ ist – anders als beispielsweise das kunstvoll ergänzte Salzhaus – keineswegs eine architektonische Großtat der Wiederaufbau-Moderne, sondern schlicht ein pragmatischer Notbehelf. Trotzdem hat es die Stadt in all den Jahren nicht vermocht, diese Wunde zu heilen.
Initiative gezeigt worden
An Initiativen hat es nicht gemangelt. Es gab schon Machbarkeitsstudien und Kostenschätzungen. Zuletzt wurden die Baukosten für eine Rekonstruktion der Dächer beider Rathaustürme 2017 auf sechs Millionen Euro geschätzt. Angesichts der Summen, die in Frankfurt für weitaus weniger sinnvolle Projekte sonst ausgegeben werden, eigentlich leistbar.
Der Brückenbauverein will der Stadt die Entscheidung besonders leicht machen und eine Million Euro der Baukosten durch Spenden einwerben. Der Vorsitzende Christoph Mäckler möchte dem Oberbürgermeister dann das Geld in einer „goldenen Schatulle“ ins Amtszimmer tragen. Die Strategie hinter diesem Bürgerengagement erinnert an die Geste einer demonstrativen festen Umarmung: Wir machen der Stadt ein Angebot, das sie kaum ablehnen kann. Auch der Ansatz, vor allem auf breit gestreute Kleinspenden zu setzen, ist klug. Denn so ist das Projekt gesellschaftlich verankert – und wird nicht nur von einigen Banken getragen.
Dieser Einsatz ist aller Ehren wert. Es stünde der neuen Koalition gut zu Gesicht, wenn sie dieses Projekt unterstützen würde – auch wenn es im Koalitionsvertrag nicht enthalten ist. Eine Stadt identifiziert sich mit ihren gebauten Symbolen. Der Römer gehört dazu. Man sollte die Turmhaube denkmalgerecht wieder aufbauen, also ohne Solarzellen auf dem Dach und begrünte Fassade. Das wäre, gemeinsam mit der Ergänzung des ebenfalls nur notdürftig geflickten Dachs der Kämmerei, ein würdiger Abschluss für das Rathaus-Ensemble.