Deponie Buchschlag : Ein Müllberg, der auch Strom erzeugt
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Mit Aussicht: Die Deponie Buchschlag, für deren Nachsorge Frankfurt verantwortlich ist, erzeugt heute Strom. Bild: Frank Röth
Die Deponie Buchschlag liegt im Kreis Offenbach, doch weil dort Frankfurts Müll lagert, muss sich die Stadt kümmern – auf unbestimmte Zeit.
Es gibt nicht viele Orte in der Region, von denen aus man einen so beeindruckenden Blick auf die Skyline und den Flughafen hat, den Taunus im Hintergrund. Es ist sogar möglich, an heißen Sommertagen das Treiben auf dem Langener Waldsees zu beobachten. Allerdings kommen nur wenige in den Genuss, dieses Panorama zu genießen. Im Dreieicher Stadtteil Buchschlag befindet sich in 50 Meter Höhe kein Aussichtspunkt, sondern die Spitze eines Müllbergs, der über ein Viertel Jahrhundert aus Frankfurter Müll und Bauschutt sowie aus Abfällen Frankfurter Nachbarkommunen entstanden ist und sich bis 1992 auf einer Fläche von 40 Hektar zu einer der größten Mülldeponien Europas entwickelt hat. In Spitzenzeiten fuhren 1500 Lastwagen täglich die Deponie im Landkreis Offenbach an. Heute türmen sich dort 17 Millionen Kubikmeter Abfälle.

Redakteurin in der Rhein-Main-Zeitung.
Vor 25 Jahren wurde die Deponie stillgelegt. Seitdem steht Frankfurt in der Pflicht, Nachsorge zu betreiben. Ein Auftrag, der nach Angaben der Mitarbeiter der Stabsstelle „Deponienachsorge“ im städtischen Umweltamt allein für Buchschlag die Mainmetropole rund eine Million Euro im Jahr kostet. Den gleichen Betrag muss die Stadt für den „Monte Scherbelino“ aufbringen, den rund 45 Meter hohen Müllberg, der auf Frankfurter Gemarkung am Offenbacher Kreuz liegt.
Der „Monte Scherbelino“ wurde zur Altlast
Dort wurde zuvor, seit dem Jahr 1925 der Müll abgelagert, nach dem Zweiten Weltkrieg kam Trümmerschutt noch hinzu. 1968 wurde diese Deponie geschlossen und Frankfurt suchte nach einem neuen Standort. Die ehemalige Kiesgrube in Dreieich- Buchschlag schien ideal.
Dass die Stadt Frankfurt die Deponie noch benötigte, obwohl 1965 in Heddernheim mit dem Bau der Nordweststadt eine Abfallverbrennungsanlage gebaut wurde, das heutige Müllheizkraftwerk, erklären die Experten mit den seinerzeit gigantischen Müllmengen, die anfielen, lange bevor es ein Kreislaufwirtschaftsgesetz und damit die Trennung und Wiederverwertung von Abfällen bei den Privathaushalten gab. Zuvor war die Deponierung von Bauschutt so verschärft worden, dass es in der Region seit Anfang der neunziger Jahre beim Bauschutt zu einem spürbaren Rückgang gekommen kam, später folgte der Hausmüll. Seit 2005 ist das Deponieren von Hausmüll bundesweit verboten.
Der „Monte Scherbelino“ ist vielen Frankfurtern als beliebtes Ausflugsziel in Erinnerung, mit Abenteuerspielplatz und Grillplätzen, die sie an sonnigen Tagen in Scharen aufsuchten. In den achtziger Jahren wurde deutlich, dass es in der Deponie gärte, Schadstoffe ins Grundwasser sickerten. Der „Monte“ wurde zur Altlast erklärt. Ein Zaun um das Gelände gezogen.
Auch nach 25 Jahren kein Ende in Sicht?
In Buchschlag hat man aus dieser Erfahrung gelernt und bereits 1984 eine den ganzen Berg umschließende 60 Zentimeter starke Betonwand 25 Meter in die Tiefe des Bodens gerammt. Nach der Schließung hat man gar nicht mehr in Betracht gezogen, den Berg für jedermann zu öffnen. Bis heute ist das Rauchen auf dem Müllberg verboten, auch wenn heute nur noch zehn der einst 95 Gasbrunnen, mit denen das Methangas aufgefangen wird, das sich im „Deponiekörper“ befindet, gebraucht werden. Was in den Brunnen und in sogenannten Gasrigolen aufgefangen wird reicht aber dennoch dazu, daraus 2,5Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr zu erzeugen, das die Stadtwerke Dreieich erhalten. Zuvor hatte man das Gas über eine Leitung dem Heizkraftwerk in Niederrad zugeführt. Heute wird diese Leitung für den Abfluss des Sickerwassers zur Frankfurter Kläranlage genutzt.
Seit 2012 wird die ehemalige Deponie auch insofern noch als Energiequelle genutzt, da auf ihr die nach Angaben der Betreiber seinerzeit größte frei stehende Photovoltaikanlage Hessens steht, die rund acht Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugt und damit 2000 Haushalte mit Strom versorgen kann.
Jenseits dieser Nutzungen steht die Deponie unter regelmäßiger Beobachtung, werden fortwährend Wege, Entwässerungsgräben, Rohre und Leitungen gereinigt und gewartet. Einmal im Jahr wird das gesamte Areal mit einem Gasmessgerät begangen, um zu ermitteln, ob die den Berg abdichtende 60 Zentimeter dicke Tonschicht Risse hat, oder warum das Gas nicht in die dafür vorgesehenen Brunnen fließt. Wie lange die Stadt Frankfurt diese Nachsorge noch wird betreiben müssen, weiß niemand. Nach Einschätzung der Mitarbeiter des Umweltamts ist auch nach 25 Jahren kein Ende in Sicht.