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Frankfurter Migrationskonferenz : Palmers Bärendienst

Inhalte geraten aus dem Blick: Boris Palmer fokussiert mit seinem Verhalten die me­diale Aufmerksamkeit auf sich. Bild: Bernd Kammerer

Die Migrationskonferenz in Frankfurt wollte Antworten auf drängende Probleme der Einwanderungspolitik finden. Am Ende reden aber alle nur über Boris Palmer. Das Verhalten des Tübinger Oberbürgermeisters ist an Dummheit kaum zu überbieten.

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          In neun Tagen treffen sich die Ministerpräsidenten in Berlin mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Flüchtlingsgipfel. Dass er notwendig ist, liegt an handfesten Problemen in den Ländern. Der Bund entscheidet über die Flüchtlingspolitik, aber die Unterbringung, Versorgung und Integration der Schutzsuchenden geschieht in den Kommunen.

          Und dort, auf der untersten Ebene, fühlen sich die Handelnden von Berlin alleingelassen, wie Brandbriefe auch aus verschiedenen hessischen Landkreisen offenlegen. Dort fehlt es an Geld, an Personal und vor allem an einer Perspektive, um den Ge­flüchteten auch weiterhin angemessene Hilfe gewähren zu können.

          Wie Lösungen dieses Konflikts aussehen könnten, darüber wurde auf einer von der Ethnologin Susanne Schröter und der Hertie Stiftung initiierten Migrationskonferenz in Frankfurt gesprochen. Doch in der Kritik am Auftritt des Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (ruhende Mitgliedschaft bei den Grünen) sind diese Ideen untergegangen. Palmer, der mit verbalen Entgleisungen für einen Eklat sorgte, hat dem Anliegen der Konferenz eine Bärendienst erwiesen und Schröter desavouiert.

          Dass Palmers Wortwahl provozierend und be­leidigend war, ist unbestritten. Rassistische Äußerungen noch vor dem Be­treten einer Veranstaltung zu ma­chen, die schon im Vorfeld von Kri­tikern als rassistisch gebrandmarkt worden war, ist allerdings an Dummheit nicht zu überbieten.

          Inhalte geraten aus dem Blick

          Scheinbar gefällt sich Palmer in der Rolle des Enfant terrible mittlerweile so gut, dass er auf keinen Schlagabtausch verzichten möchte. Die Konsequenzen seines Verhaltens wird er zu tragen haben: Wer Palmer künftig einlädt, muss damit rechnen, dass der Tübinger Oberbürgermeister die me­diale Aufmerksamkeit auf sich fokussiert.

          Was aus dem Blickfeld rückt, sind die Inhalte der Migrationskonferenz, an denen bislang niemand konkrete Kritik geäußert hat. Es waren zehn weitere Referentinnen und Referenten geladen, die aus unterschied­lichen praxisnahen und wissenschaftlichen Perspektiven beleuchteten, mit welchen Herausforderungen es die Einwanderungspolitik in Deutschland zu tun hat.

          Sei es die Integration in Schulen, denen die Lehrer fehlen, Behörden, die bei der Bearbeitung von Asylanträgen hoffnungslos überlastet sind, oder wie Migration ge­rechter als bisher gestaltet werden kann, da es fast nur junge Männer sind, die die gefährliche illegale Reise nach Europa wagen können. Über diese Themen muss gesprochen werden, damit Antworten auf drängende Fragen aus den Kommunen gefunden werden können. Es ist den Organisatoren der Konferenz hoch anzurechnen, dass sie sich damit befasst haben.

          Monika Ganster
          Redakteurin in der Rhein-Main-Zeitung.

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