Bloggerin macht Selbsttest : Ein Jahr ohne neue Kleidung
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Kiflai mag es knallig, ausgefallen, das macht es für sie leichter, die richtigen Stücke zu finden. Jetzt trägt sie einen mit Pailletten besetzten Parka, den zu ignorieren einfach gewesen wäre, der dann aber doch überraschend gut aussieht, als sie ihn erst einmal anprobiert hat. „Voll die Diskokugel“, sagt Kiflai, denn der Mantel glitzert selbst im milchigen Januarlicht in jede Richtung.
Hindi Kiflai will zeigen, dass man toll aussehen kann, auch in Secondhandkleidung, und auch ohne die beim längst modernen Kate-Moss-Vintage-Look-übliche Kombination aus gebrauchten und teuren neuen Teilen. Viele ihrer täglichen Outfits, die Kiflai im Netz vorstellt, sind grell, aber manchmal tut es auch eine Pulli-Jeans-Kombination. Kiflai weist auf ihrem Blog darauf hin, wenn es dieses oder jenes Teil auch gerade bei H&M gibt. Dann kann sie sagen: Guckt her, das gibt es jetzt gerade, es ist also Trend, so wie Vintage ja auch immer irgendwie trend ist, in jedem Fall nicht alt und blöd.
Einkaufen als Schatzsuche
Kiflai hat ihr Projekt ein Jahr lang vorbereitet. Im Mai vergangenen Jahres hat sie aufgehört, neue Kleidung zu kaufen, dann hat sie alle ihre Teile aus erster Hand verkauft, verschenkt oder gespendet. Jetzt leiht sie sich jede Woche mehrere Teile in den drei Oxfam-Shops in Frankfurt aus. Sie kombiniert sie, bis es passt, trägt sie einen Tag und bringt sie gewaschen zurück.
Kiflai sagt, dass das Einkaufen jetzt mehr so eine Schatzsuche sei, aber das mache es auch leichter, sich selbst kennenzulernen. „Irgendwann merkt man, dass der eigene Po vielleicht nicht in Skinny-Jeans passt und kauft halt andere, ganz egal, ob Zara und H&M der Meinung sind, dass Skinny gerade in ist“, sagt sie. 365 Tage will sie jeden Tag ein neues Outfit zeigen. In der abgelaufen Woche kombinierte sie zum Beispiel ein weißes Spitzenkleid zu einem schwarzen Sweater. Das ist, ungefähr, das Ziel der ganzen Aktion: In Secondhandkleidung ein ganzes Jahr lang großartig auszusehen. Egal, ob’s auf eine Hochzeit geht oder zum Vorstellungsgespräch.
„Wieso sollte mich der Tod von Kindern in anderen Ländern interessieren?“, hat jemand mit Kreide an die Treppe des Eisernen Stegs geschrieben. Eine Konsumkritik, als sei sie da anlässlich des allsamstäglichen Flohmarkts angebracht worden. Seitdem häufiger über die Produktionsbedingungen der Dinge berichtet wird, die wir in der westlichen Welt in Massen kaufen können, ist auch der Verzicht ein Thema.
Die Journalistin Meike Winnemuth hat einmal ein Jahr lang ein identisches Kleid getragen (sie besaß das Modell dreimal). Die Wiener Autorin des Blogs „Ich kauf nix“ hat ein Jahr lang nichts Neues gekauft und stattdessen ihre 34 Röcke und 30 Jacken endlich mal wieder alle getragen. Und auf „21 Days without“ verzichtete eine Bambergerin dauernd auf etwas anderes, zum Beispiel auf das Fällen von Entscheidungen durch konsequenten Einsatz eines Würfels.