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Architektur im Museum : Hell, licht und leicht

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Vor dem Deli steht zwischen Alt- und Neubau ein poetisches Kunstwerk. Bild: Frank Röth

Wenn der Anbau dem Altbau fast den Rang abläuft: Lichtdurchflutete Innenräume, als Material dominieren feinstgeschliffener Sichtbeton und Eschenholz. Das Jüdische Museum hat eine neue Adresse.

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          Er ist einfach weg: Der alte Eingang ins Rothschild-Palais am Untermainkai ist verschwunden. Die Treppe auf dem schmalen Gehweg neben der stark befahrenen Uferstraße fehlt, die Tür wurde zugemauert. Wer durch den neuen Eingang das Jüdische Museum betreten will, der muss einmal um das Haus herumgehen: Das neue Entree führt in den Anbau, der gemeinsam mit dem Altbau einen kleinen, geschützten Platz ausbildet. Das ist eine neue, angenehme Adresse für das Jüdische Museum, das nun ein echtes Scharnier zwischen dem Museumsufer und den Wallanlagen bildet.

          Rainer Schulze
          Redakteur in der Rhein-Main-Zeitung.

          Die Eingangstür ist mit bronzefarbenem Metall verkleidet, in das viele kleine Löcher gestanzt wurden. Sie bilden, mit etwas Abstand betrachtet, Buchstaben, die die Besucher auf Hebräisch, Deutsch und Englisch willkommen heißen. Eine freundliche Geste, die zu dem Gesamteindruck passt. Neubau und Altbau fügen sich in Farbe und Proportion zu einem stimmigen Ensemble. Der Neubau trägt über dem Terrazzo-Sockel eine sehr helle, angeraute und gestaffelte Putzfassade, die mit den Gesimsen des etwas zu weiß getünchten Altbaus korrespondiert. Das Palais wurde vom Keller bis zum Dach saniert. Darauf, dass das postmodern ergänzte Dachgeschoss erhalten bleibt, hat die Denkmalpflege geachtet. Beide Gebäude, Altbau und Anbau, werden durch einen eingeschossigen Baukörper miteinander verbunden.

          Das Dach dieses Bindeglieds wird für die Außenbestuhlung des Cafés genutzt, das als koscheres Deli betrieben wird. Die Besucher blicken von hier auf den neuen Bertha-Pappenheim-Platz und sitzen, anders als etwa im Neubau des Historischen Museums, genau an der richtigen Stelle. Dort hat man das Café merkwürdigerweise im Keller versteckt, obwohl ebenfalls ein neuer Platz entstanden ist.

          Ein Besuch allein reicht kaum

          Vor dem Deli steht zwischen Alt- und Neubau ein poetisches Kunstwerk. Zwei Bäume sind mit den Kronen ineinander verschlungen. Einer ist entwurzelt, der andere scheint über dem Boden zu schweben. Noch ist nicht gesagt, ob er Wurzeln schlagen wird. Wer die erstaunlich dezente Einlasskontrolle passiert hat, steht in einem lichtdurchfluteten Innenraum, der von großen Fenstern und einem Oberlicht beleuchtet wird. Als Material dominieren feinstgeschliffener Sichtbeton und Eschenholz, das die Aufenthaltsräume markiert.

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          Jüdisches Museum : Neubau und Altbau fügen sich in Farbe und Proportion

          Der Clou: Der Zutritt ist zunächst unentgeltlich, der Besucher befindet sich in einem quasi öffentlichen, aber geschützten Raum und kann die Buchhandlung, das gemütlich eingerichtete Café und die geräumige Bibliothek betreten, ohne Eintritt zu zahlen. Erst vor den Ausstellungen wird er zur Kasse gebeten. Das Museum soll so zu einem lebendigen, sozialen Ort werden. Besonders der Lesesaal der Bibliothek lädt zum Verweilen ein. Das wohl sechs Meter hohe Fenster geht zum Bahnhofsviertel und rahmt den Blick auf die Stadt. Die Bücher in den Regalen wenden sich vor allem an Kinder- und Jugendliche, Forscher werden in den Magazinen in Nebenräumen fündig.

          Das große Foyer ist die Verteilerebene des Museums. Von hier führen Treppen und Gänge ebenerdig in einen Veranstaltungsraum, nach oben ins Deli und in die Bibliothek, nach unten in den 450 Quadratmeter großen Saal für Wechselausstellungen und geradeaus in den Altbau. Den Übergang in das Rothschild-Palais bemerkt der Besucher kaum. Mit dem Fahrstuhl geht es in den dritten Stock, wo die medial bestens aufbereitete Dauerausstellung beginnt. Langsam geht es treppab durch das jüdische Leben in Frankfurt in all seinen Facetten. Ein Besuch allein reicht kaum aus, man wird wiederkommen wollen.

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