Notarzt im Helikopter : „Anhalten geht nicht“
- -Aktualisiert am
Bleibt auf dem Boden: Uwe Schweigkofler ist 25 Jahre als Notarzt an Bord von Christoph 2 im Einsatz gewesen. Bild: dpa
An Bord eines Rettungshubschraubers ist es oft eng, laut und heiß. Für Uwe Schweigkofler, Leiter der Unfallchirurgie der BG Klinik in Frankfurt, war es trotzdem 25 Jahre lang der schönste Arbeitsplatz. Jetzt räumt er ihn.
Herr Schweigkofler, über fehlende Rettungsgassen müssen Sie nicht klagen. Dafür gibt es sicher andere Probleme, mit denen Sie als Notarzt an Bord eines Rettungshubschraubers konfrontiert wurden.
Wir haben tatsächlich andere Herausforderungen zu bewältigen. Wir können beispielsweise nicht überall landen. Das Wetter muss passen. Es gab auch Einsätze, die wir abbrechen mussten, weil die Sicht zu schlecht wurde. Luftrettung ist nicht nur Spaß, sie birgt auch Risiken für alle Beteiligten. Sicherheit geht immer vor. Es bringt nichts, wenn wir auf dem Weg zur Unglücksstelle verunfallen würden.
Unterscheidet sich das Arbeiten in einem Hubschrauber von dem am Boden?
Die logistischen Aspekte, die man als Notarzt berücksichtigen muss, sind in der Luftrettung deutlich höher. Wir müssen alles tun, damit gewisse Situationen gar nicht erst eintreten.
Von was für Situationen sprechen wir?
Sie können im Hubschrauber während des Transportes nicht wirklich viel machen – außer ein paar Medikamente geben. Das heißt, ich muss den Patienten vor dem Abflug so stabilisieren und versorgen, dass man in keine kritische Situation kommt. Wir können in der Luft ja nicht einfach anhalten.
Das müssen Sie genauer erklären.
Wenn ich mir überlege, ob ich einen Patienten intubieren, also beatmen muss, und es sich um eine Grenzentscheidung handelt, dann bin ich in der Luftrettung großzügiger. Weil ich weiß, dass ich, sollte sich der Zustand des Patienten während des Transports verschlechtern, keine Möglichkeit habe, den Behandlungsschritt nachzuholen. So etwas geht nur im Fernsehen, in Serien wie „Medicopter“. Da kriegt eine Patientin auch mal eben ein Kind im Hubschrauber. So eine Situation würden wir versuchen zu vermeiden.
Aber wenn Sie während des Transports kaum behandeln können, klingt das doch eher nach einem Nachteil für die Patienten, oder?
Es gibt mehr Vorteile. Wir sind schnell und überregional einsetzbar. Wir können beispielsweise in Minuten in die hintere Wetterau fliegen, wo andere Ewigkeiten hinfahren müssten. Und wir können ganz gezielt den Patienten in die Spezialklinik bringen, die er braucht, egal was für ein Fachgebiet es ist. Aufgrund der Einsatzdichte – zu schweren Verkehrsunfällen werden sie in der Luftrettung häufiger gerufen, als wenn sie in der Bodenrettung eingesetzt sind – haben sie in der Regel in der Luftrettung wirklich erfahrene Notärzte.
Sie werden, im Gegensatz zu ihren Kollegen am Boden, nicht für Bagatellverletzungen, Zeckenbisse oder leichte Bauchschmerzen gerufen. Sie haben viele schlimme Verkehrsunfälle gesehen. Gibt es auch Einsätze, an die Sie besonders gern zurückdenken?
Wenn wir nur negative Einsätze hätten, könnte keiner von uns das seelisch verarbeiten. Ich denke an den Großteil der Einsätze gern zurück. Immer dann, wenn wir einem Patienten helfen konnten, war es per se für mich ein guter Einsatz.
Was schätzen Sie an der Arbeit hoch in der Luft?
Das ist gelebtes Teamwork. Wir sind alle drei, also der Notfallsanitäter, der Pilot und der Notarzt, aufeinander angewiesen, wir haben unsere Rollen, aber wir müssen eng zusammenarbeiten. Wenn es außerdem ein schöner Tag ist, nicht zu heiß, und im Hubschrauber sind keine 40 Grad, und Sie fliegen abends bei Dämmerung über die Skyline, lohnt sich alles. Dafür zahlen andere Leute viel Geld.