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Frankfurt : Musikhochschule sorgt sich um Frankfurter Kulturcampus

Platz für Tanz und Theater: Auf dem Rasen zwischen Depot und Bibliothek (rechts) wird die Studiobühne errichtet.

Platz für Tanz und Theater: Auf dem Rasen zwischen Depot und Bibliothek (rechts) wird die Studiobühne errichtet. Bild: Wresch, Jonas

Der Präsident der Musikhochschule fordert von der Politik ein Bekenntnis zum Kulturcampus in Frankfurt-Bockenheim. Der Architekturwettbewerb für die „Studiobühne“ soll nächstes Jahr stattfinden.

          3 Min.

          Der Präsident der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, Thomas Rietschel, fordert von der Politik ein Bekenntnis zum Kulturcampus auf dem früheren Universitätsgelände in Frankfurt-Bockenheim. Zwar werden die für die Musikhochschule und mehrere städtische Kulturinstitute vorgesehenen Teile des Areals erst nach dem Abzug der Universität, also von 2018 an, bebaut. „Aber die Entscheidungen, ob man den Kulturcampus will oder nicht, müssen nächstes Jahr fallen. Wenigstens muss man die Möglichkeit dafür noch zulassen. Wenn man nichts tut, besteht die Gefahr, dass die Flächen vermarktet werden, und dann wird es keinen Campus geben“, sagte Rietschel dieser Zeitung.

          Rainer Schulze
          Redakteur in der Rhein-Main-Zeitung.

          Nach dem Umzug der Universität soll der Campus zu einem kulturell geprägten Stadtteil mit 1500 Wohnungen und der Musikhochschule im Zentrum umgestaltet werden. In einem ersten Schritt wird vor dem Bockenheimer Depot eine „Studiobühne“ errichtet. Dabei handelt es sich um ein temporäres Bauwerk, in dem Probe- und Aufführungsräume für die Tanz- und Theaterklassen der Hochschule untergebracht werden, die an ihrem Sitz im Nordend unter Platzmangel leidet. Rietschel zufolge hat das Land die Finanzierung in einstelliger Millionenhöhe zugesagt, im nächsten Jahr soll ein Architekturwettbewerb stattfinden. Durch die Studiobühne könnte die Musikhochschule auf Büroräume verzichten, für die sie rund 350000 Euro Miete im Jahr zahlt.

          „Ein Kulturcampus wird es auf jeden Fall“

          Dass auf der ohnehin für den späteren Neubau eines Teils der Hochschule vorgesehenen Fläche nur ein temporäres Gebäude geplant ist, erklärt Rietschel damit, dass es noch keinen Masterplan gibt: „Wir wollen nicht vorab Festlegungen machen, die uns dann, wenn nachher das endgültige Konzept kommt, einschränken.“ Der Großteil der Hochschule soll auf dem benachbarten Grundstück der Universitätsbibliothek untergebracht werden. Es ist allerdings unklar, wann es frei wird. Die Musikhochschule beansprucht außerdem eine Fläche auf dem Gelände südlich der Bockenheimer Landstraße, um dort mit den anderen auf dem Campus vorgesehenen Kulturinstituten, darunter das Ensemble Modern, die Forsythe Company und das Tanzzentrum LAB, zu kooperieren.

          Die Stadt will den in Planungswerkstätten erstellten Konsensplan für die künftige Nutzung des Campus in Planungsrecht überführen und im November auf einer Bürgerversammlung einen ersten „Strukturplan“ vorstellen. Dieser werde dann zum Bebauungsplan weiterentwickelt, der im Frühjahr offengelegt werden soll, berichtete der Sprecher des Planungsdezernats. Der Bebauungsplan schreibt für bestimmte Gebiete die Nutzungen fest, er soll auch Sondergebiete für Kultur und Wissenschaften enthalten. „Ein Kulturcampus wird es auf jeden Fall. Wir arbeiten darauf hin“, sagte der Sprecher.

          Baier wünscht sich einen „Masterplan Kultur“

          Der planungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Ulrich Baier, unterstützt Rietschels Forderung. Er wünsche sich vom Kulturdezernenten ein Gesamtkonzept für das Gelände in Bockenheim, also einen „Masterplan Kultur“, sagte er gestern. „Der Kulturcampus soll den Namen auch verdienen.“ Es sei unstrittig, dass das Gelände südlich des Labsaals, auf dem sich heute das Juridicum befindet, für Kulturinstitutionen vorbehalten sei. Der Kulturcampus sei aber „noch nicht in trockenen Tüchern“. „Er ist planungsrechtlich möglich. Aber die Finanzierung sieht mau aus“, sagte Baier. Der Kulturdezernent war gestern nicht zu erreichen, er befindet sich im Urlaub.

          Unterdessen plant der Eigentümer eines Großteils der Flächen, die Frankfurter ABG, das Grundstück des Labsaals, der 30 Jahre lang als Mensa auf dem Universitätscampus Bockenheim diente, schon früher zu bebauen. An der Ecke von Bockenheimer Landstraße und Senckenberganlage soll ein gemischt genutztes Gebäude mit einer öffentlichen Nutzung im Erdgeschoss, etwa einer Kita, errichtet werden, in die oberen Geschosse könnten Büros oder Wohnungen einziehen.

          Genügend Platz für alle

          Für das Grundstück gebe es schon einige Interessenten, unter anderen die KfW-Bankengruppe, sagte ABG-Geschäftsführer Frank Junker. Die Universität werde das kümmerlich genutzte Gebäude voraussichtlich im Frühjahr räumen, dann könne man „loslegen“. Junker will aber zunächst abwarten, wie die Stadt den Konsensplan realisiert. „Die kulturellen Einrichtungen haben Vorfahrt.“ Die Grünen sehen die Pläne der ABG mit Skepsis, zumal das Grundstück eine Art Eingangsportal für den Campus ist. „An einer so prominenten Ecke kann kein reiner Gewerbebau hin“, findet Baier.

          Junker sieht keinen Grund zur Eile: „Die Frage, wer wo wie beheimatet wird, stellt sich nicht heute oder morgen.“ Sollten sich die Kulturinstitute auf die Flächen konzentrieren, auf denen sich das Juridicum befindet, gebe es auch zeitlich kein Problem, da die Universität dort erst 2017 auszieht. „Niemand muss Angst haben, nicht mehr berücksichtigt zu werden“, sagte der ABG-Chef. Größere Flächen für die Musikhochschule südlich der Bockenheimer Landstraße schließt er aus. Rietschel wirbt dafür, dass ein Teil der Hochschule auch dort untergebracht wird. Gerade in den Theaterräumen und Foyers seien die meisten Synergien mit den anderen Institutionen möglich. Auch für die ABG werde das ganze Gelände durch den Kulturcampus interessanter. „Frankfurt sollte diese großartige Chance nutzen. Es wäre fahrlässig, sie auszulassen.“

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