Im Auge des Betrachters
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Glanz im Frankfurter Museum für Moderne Kunst: Yves Sambu, „Vanitas Project“ (2020–2017) Bild: Yves Sambu
Die vierte internationale Fotografietriennale RAY reflektiert an unterschiedlichen Ausstellungsorten im Rhein-Main-Gebiet, wie sich Ideologien im Hier und Jetzt ausdrücken.
Ich sehe was, das du nicht siehst. Was an ein harmloses Kinderspiel denken lässt, kann sich zu einem erbitterten Streit auswachsen, wenn es um die Deutung von Bildern geht. Schließlich liegt es im Auge des Betrachters, was er auf einem Bild zu erkennen vermeint, welche Assoziationen es auslöst. Das gilt nicht nur für Gemälde, sondern genauso für Fotografie, jenem Medium, dem kurioserweise bis heute eine Wahrhaftigkeit zugeschrieben wird, die es vermutlich niemals hatte. Selbst die nüchternste Dokumentation entsteht nach einem Muster, ist in ein System von Codes und Grundeinstellungen eingebunden, einer Lehre von Ideen, der Ideologie. Dieser Begriff wird heute vor allem politisch verstanden und in diesem Sinne auch das Wort Weltanschauung verwendet, wobei es keineswegs nur eine Frage der politischen Einstellung ist, wie jemand die Welt anschaut, wie er sie sieht. Vielmehr prägen individuelle Sozialisation, Bildung, Erfahrung diesen Blick, was erklären dürfte, warum zwei dasselbe Bild sehen, aber ganz unterschiedliche Assoziationen damit verknüpfen können.
Diesen oft divergierenden Perspektiven ist das Titelthema „Ideologien“ der vierten internationalen Fotografietriennale RAY gewidmet, die bis zum 12. September an einem guten Dutzend unterschiedlicher Ausstellungsorte im Rhein-Main-Gebiet mehr als zwanzig Künstlerinnen und Künstler darüber reflektieren lässt, wie sich Ideologien sowohl einst als auch heute ausdrücken und welche Wirkung sie haben. Dabei geht es um die Frage, inwiefern Ideologien Macht und Missbrauch, Ausgrenzung und Ausbeutung begünstigen, aber nicht nur. Viele der diesmal beteiligten Künstler beschäftigen sich auch mit der Wirkung von Ideologien auf die Identität von Gesellschaften und Personen, nicht zuletzt auf ihre eigene.
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