Unternehmen Dein Bus : Glückssuche an der Peripherie
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Steuern vor allem mittelgroße Städte an:Die Busse des Unternehmen Dein Bus, hier ein Bus am Frankfurter Hauptbahnhof. Bild: Archiv
Der Fernbusmarkt ist überhitzt, das erste Unternehmen hat aufgegeben. Der Offenbacher Anbieter Dein Bus versucht, sich mit einer ganz eigenen Überlebensstrategie zu behaupten.
Man sollte nicht drumherumreden. So richtig überragend und toll ist die Lage des kleinen Offenbacher Unternehmens nicht, das man als DeinBus.de GmbH im Handelsregister findet. 2013 habe man mit roten Zahlen abgeschlossen, sagt der Geschäftsführer. Und 2014 verlor man bisher auch nur in einem kleineren Teil der Monate kein Geld, wie Alexander Kuhr weiter erläutert. Der Dreißigjährige möchte nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass in einigen Jahren tatsächlich noch immer Omnibusse durchs Land fahren, auf denen in riesigen blauen und gelben Lettern der Unternehmensname prangt. Man habe in diesem Jahr kleine Schritte nach vorne gemacht und sei durchaus profitabler geworden, sagt er. Aber die Ausstattung mit Eigenkapital sei eben schwach.
Es wäre schade um Dein Bus. Denn das Unternehmen hat, so jung es ist, eine bemerkenswerte Geschichte. Und die Gründerstimmung ist noch keineswegs verflogen. Doch der Konkurrenzkampf am stark wachsenden Fernbusmarkt ist knochenhart. Der erste Anbieter, City2city, hat schon die Konsequenzen aus dem unerbittlichen Preiswettbewerb gezogen und ist ausgestiegen. Jeder erwartet eine weitere Konsolidierung der Branche, will sagen: dass weitere Unternehmen aufgeben oder kleinere übernommen werden. Erst dann werden die Preise steigen und Omnibusfahrten quer durch Deutschland eine auskömmliche Rendite liefern.
20 Omnibusse im Verkehr
Ob Dein Bus dann noch dabei ist, wird sich zeigen. Es kommt schlicht darauf an, möglichst lange durchzuhalten - so lange, bis andere aus dem Markt geflogen sind, nicht man selbst. Dafür haben sich Kuhr und der 32 Jahre alte Christian Janisch, zwei der einstigen Gründer des Unternehmens, eine eigene Strategie ausgedacht. Man findet die Fahrzeuge des Unternehmens nicht auf den Rennstrecken zwischen den Metropolen der Republik, auf denen die Großen wie Mein Fernbus und Flixbus den Ton angeben. Von Frankfurt nach Berlin kommt man mit den Offenbachern nicht, und auch nicht von Frankfurt nach Hamburg.
Stattdessen pendeln die 20 Omnibusse, die im Auftrag von Dein Bus unterwegs sind, zwischen Freiburg und Stuttgart, von Tübingen nach München und von Worms nach Köln. Von Worms aus bietet man mehr Verbindungen an als von Frankfurt aus. Und auf dem Liniennetzplan finden sich zwar Reutlingen und Böblingen, Titisee und Kehl, nicht aber Essen, Hannover und Bremen.
Schneller als die Eisenbahn
Auf den eher peripheren Linien, so das Kalkül der Jungunternehmer, ist der Konkurrenzkampf nicht ganz so hart wie auf den großen Metropolen-Verbindungen. Außerdem studierten Kuhr, Janisch und Ingo Mayer-Knoch, der dritte Gründer, als sie das Unternehmen ins Leben riefen, gerade in Friedrichshafen. Süddeutschland und die Studentenstädte dort sind ihnen also besonders vertraut.
Ob das alles hilft zu überleben, wird sich zeigen. Ein signifikant höherer Kilometerpreis lässt sich offenbar auch auf den von Dein Bus bevorzugten Strecken nicht erzielen. Für die Verbindung von Frankfurt nach Berlin hat sich bei der Konkurrenz ein Preis in Höhe von 30 Euro eingebürgert, was fünf Cent je Kilometer entspricht. Das entspricht in etwa dem, was Dein Bus zum Beispiel für eine einfache Fahrt von Freiburg nach Heidelberg verlangt. Gerade einmal neun Euro kostet ein Ticket für diese Verbindung. Immerhin aber muss man sich auf solchen Verbindungen aber nicht noch mit mehreren Konkurrenten um das Fahrgastpotential balgen. Und es sind vielfach Strecken, auf denen der Omnibus nicht nur beim Preis, sondern auch bei den Fahrzeiten die Eisenbahn unterbietet.
„Lieber kleiner und feiner“
Keiner der Gründer konnte ahnen, wie es ausgeht, als sie 2009 mit den ersten Fahrten begannen. Damals lag das Monopol für solche Fernverbindungen noch bei der Eisenbahn. Die Studenten bezeichneten ihr Angebot daher schlitzohrig als Gelegenheitsverkehr, als handele es sich bei den Fahrgästen, die bei ihnen eine Fahrt von Tübingen nach München oder umgekehrt gebucht hatten, um einen Kegelclub auf Tour. Bei der Deutschen Bahn durchschaute man das natürlich und machte den Fehler, gegen die neue Konkurrenz zu klagen. Gerade das verhalf den Existenzgründern zu großer Popularität. Dein Bus gewann sogar den Prozess. Und bald darauf, Anfang 2013, gab der Bundestag den Fernverkehr mit Omnibussen generell frei.
Schlagartig wuchs die Konkurrenz, vor allem das ebenfalls junge Unternehmen Mein Fernbus aus Berlin, das ehemalige Deutsche-Bahn-Manager gegründet hatten. Inzwischen entfallen nach einer Studie des Beratungsunternehmens Iges auf diesen Betrieb 45 Prozent Marktanteil. Dein Bus muss sich mit zwei Prozent bescheiden. Man habe die Aggressivität der Wettbewerber unterschätzt, geben Kuhr und Janisch zu; der dritte Gründer, Meyer-Knoch, studiert inzwischen wieder. Das Unternehmen gehört nach wie vor weitgehend den Gründern, außerdem sind einige Beschäftigte und zwei Business-Angels beteiligt. Juristisch sitzt es noch in Friedrichshafen, doch die Zentrale findet sich in Offenbach - man wollte in die Mitte Deutschlands, dort waren Büros frei, eine pragmatische Entscheidung.
Angesichts solcher Ziele wie Tübingen ist es kein Wunder, dass Dein Bus vor allem Studenten als Kunden umwirbt. Man serviert Afri- statt Coca-Cola, duzt das Publikum und hofft, der akademische Nachwuchs wisse es zu schätzen, dass die Sitzabstände ein wenig größer sind als bei der Konkurrenz. „Lieber kleiner und feiner“, sagen Kuhr und Janisch. Ein Preis von zehn Cent je Kilometer ist das Ziel, bisher werden drei bis sieben erreicht. Den Optimismus haben die beiden nicht verloren. „Im Grundsatz geht es uns eigentlich ganz gut“, meinen sie und versprechen, darüber nachzudenken, ob nicht endlich auch Offenbach angesteuert werden soll. Denn ausgerechnet diese Stadt hat Dein Bus bisher nicht im Fahrplan. „Schande auf uns“, sagt Kuhr.