Erweiterungsbau des Städel-Museums : Kunstwerker
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Am 24. Februar soll der Erweiterungsbau des Städelmuseums für die Öffentlichkeit geöffnet werden. Bild: Wonge Bergmann
Ende des Monats wird der unterirdische Erweiterungsbau des Städel-Museums eröffnet. Vorher muss die Kunst an die Wände. Es ist die Stunde des Hängeteams.
Günter Zehentner fährt sich mit der Hand durch den Bart. „Fotografie neben Malerei ist nie einfach zu hängen“, sagt er. Weiches Licht fällt durch die Bullaugen an der Decke des Raumes auf die Gesichter seiner Kollegen. Die Blicke der Männer wandern zweifelnd zwischen zwei Großformaten hin und her. Vor ihnen an der Wand lehnt hier wie dort bewegtes Hell-Dunkel. Doch neben dem wuchtigen Farbauftrag von K.O.Götz scheint Wolfgang Tillmans abstrakte Fotografie „Freischwimmer“ zu versinken. „Der Tillmans säuft da ab“, wirft einer der Männer ein und klappt seinen Zollstock zusammen, während zwei seiner Mitstreiter mit weißen Handschuhen das nächste Bild hereintragen.
Kunst aus der Zeit nach 1945 zieht in den gerade fertiggestellten Erweiterungsbau unter dem Garten des Städel-Museums. Es riecht nach frischer Farbe. Noch unterbrechen nur wenige Bilder das makellose Weiß der Wände. Dafür bevölkern Leitern und Hubwagen die Ausstellungshalle, auf mobilen Werkbänken liegen Schrauben, Winkelhaken, Klebeband und Werkzeug aller Art.
„Wir sind wie eine Familie“
Im Ausstellungsareal, das für das Informel reserviert ist, warten einige Farbexplosionen auf Leinwand noch darauf, ihre Plätze zugewiesen zu bekommen. Schaumstoff schützt währenddessen die Kunst und die Wände, an denen die Bilder provisorisch abgestellt worden sind. Einige Schritte weiter leuchtet das Blau eines Gemäldes von Yves Klein durch das schützende Vlies hindurch, Grafiken liegen auf einem Transportwagen, und zwei Skulpturen auf Paletten harren nebst einem Akkuschrauber und einer Wasserwaage der Dinge, die da kommen mögen.
Wenn Ausstellungsarchitekten und Handwerker gegangen sind und die Kunst kommt, schlägt die Stunde des Hängeteams. Dann legt das Städel seine Kunstwerke in die vertrauenswürdigen Hände von zehn Männern zwischen dreißig und Mitte vierzig, die dem Haus zum größten Teil seit Jahren eng verbunden sind. Einen Chef haben sie nicht: Die Hängespezialisten bilden eine Art Kollektiv. „Wir sind wie eine Familie“, sagen sie. Gemeinsam sorgen sie dafür, dass wertvolle Bilder unbeschadet an die Wände kommen und Skulpturen sicher auf ihre Sockel. Ihr Augenmaß ist aber auch dann gefragt, wenn es um die Anordnung der Werke geht. Denn das Bilderhängen ist nur ihr Nebenjob: Im Hauptberuf sind sie Künstler; die meisten von ihnen haben an der Städelschule studiert.
Was in der Theorie zusammenpasst, kann sich als Mesalliance entpuppen, sobald es nebeneinandersteht
„Natürlich legen wir nicht die Hängung fest“, sagt Zehentner, der sein Studium 1998 als Videokünstler abgeschlossen hat. Was wo hinkomme, entscheide der Kurator zusammen mit dem Direktor des Museums, Max Hollein. „Aber die verantwortlichen Kuratoren fragen uns oft um Rat und diskutieren gerne mit uns.“ Kaum jemand kenne das Haus und seine Sammlung so gut wie sie, außerdem hätten sie als bildende Künstler einen anderen Blick. Und was sagt dieser Blick über das Götz-Gemälde neben der Tillmans-Fotografie? „Die Stelle haben wir schon mehrmals umgebaut. Jetzt lassen wir die Bilder erst einmal stehen und überlegen weiter, wenn Martin Engler kommt.“ Der Sammlungsleiter für zeitgenössische Kunst hat ohnehin das letzte Wort - und hoffentlich die rettende Idee.
Ein Architekturmodell in einem Raum, der anstelle von Kunst bislang nur eine Ansammlung von Packmaterialien enthält, zeigt den augenblicklichen Planungsstand: Mit Magneten sind maßstabsgetreue Nachbildungen aller Bilder an den Wänden des Modellbaus befestigt. Dass viele der Magnetkärtchen kopfüber oder schräg hängen, zeigt: Noch ist alles im Fluss. Was in der Theorie zusammenpasst, kann sich als Mesalliance entpuppen, sobald es nebeneinandersteht.